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Nachgrabung an der Stelle der großen Bronzegusswerkstatt am Südhang der Akropolis von Athen

Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2001 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5352156
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Grabung galt einer Bronzegußwerkstatt am Südabhang der Akropolis von Athen, die 1878/79 teilweise freigelegt und 1963/64 gründlich untersucht worden war. Zentrale Installation war eine riesige Grube, in der die Form für den Guß aufgebaut, ausgebrannt und schließlich mit Zinnbronze gefüllt worden war. Das Studium der alten Grabungsdokumentationen hatte ergeben, daß die Grube von unterschiedlichen Werkstätten genutzt wurde und aus einer westlichen mit älterer Wachsausschmelztechnik sowie einer östlichen mit der hellenistischen Technologie bestand. Nach den Erkenntnissen der letzten Jahrzehnte ist es ungewöhnlich, daß eine Gießerei nur über eine einzige Grußgrube verfügte, weil durch das seit dem 5. Jh. v.Chr übliche Teilgußverfahren mindestens eine weitere Grube nötig war. Mit Hilfe von Suchschnitten sollte daher geklärt werden, ob eine im Plan von 1879 angedeutete Grube zur Werkstatt gehörte und ob eine Steinsetzung im Osten der Grube Teil einer Halle war, die sich aus Einarbeitungen in der senkrecht aufsteigenden Felswand der Akropolis vermuten ließ. Als Ergebnis fanden wir eine weitere 11 m lange und 3 m tiefe Gußgrube, die sich durch die angewandte Technik des Wachsausschmelzens als Parallele zu der westlichen Grube erwies. Im Gegensatz zu dieser Grube waren aber die Einbauten aus gebranntem Ton und Ziegeln in einer Ausführlichkeit erhalten, wie das bisher noch nirgends der Fall war. Dazu kamen kistenweise Fragmente des Formmantels, der nach dem Guß zerschlagen worden war. Die beiden Gruben erwiesen sich nicht nur durch ihre identische Anlage des Formuntersatzes und das angewandte Wachsausschmelzverfahren als zeitgleiche Einrichtungen des 5. Jh. v.Chr., sondern es fanden sich auch in Form von Stöpseln identische Arbeitshilfen, welche die Zugehörigkeit der beiden Gruben zu ein‐ und demselben Werkstattbetrieb sichern. Die Datierung der Keramikfunde in der neuen Grube widersprechen dem nach erster Durchsicht nicht, die von Platon in der westlichen Anlage gefundenen Scherben des 4. Jh. v.Chr. lassen sich nach eingehendem Studium der Grabungstagebücher von 1963 einer späteren Störung zuweisen. Die Größe der Gruben und die Dimensionen der Formunterteile belegen den Guß einer kolossalen Statue mit einer Höhe von sicher mehr als 8 m. Reste von Falten am Formunterteil der neuen Grube können nur von einem Peplos stammen, wobei die Form der Falten sicher im Strengen Stil ihre Parallelen findet. Der Zustand der Einbauten ließ den Schluß zu, daß der Teilguß nach dem Abkühlen zur nördlichen Treppe hin gekippt und dann aus der Grube gezogen wurde. Damit ließ sich eine große Menge von Formfragmenten als zusammengehörig interpretieren. Die Brocken zeigten auch insofern Ähnlichkeiten als sie vielfach Abdrücke von Eisenbändern aufwiesen. Die restauratorische Behandlung dieser Fundgruppe beinhaltete Reinigen und führte danach zu über 140 Anpassungen, durch die wir nun das technische Vorgehen der Gießer verstehen können: Um dem Druck des Tones standhalten zu können, wurden in die feuchte Außenschicht Eisenbänder eingelegt und wohl auch vertikal miteinander verbunden. Das Ganze wurde dann nochmals mit einer Schicht aus Ton überstrichen, um die Eisenbänder beim Ausheizen der Form zu schützen und zusätzliche Spannungen im Tonmantel zu verhindern. Während wir die technischen Abläufe nun sehr genau nachvollziehen können, sind wir bei der Rekonstruktion des gegossenen Werkes im Detail noch nicht zu einem abschließenden Bild gekommen. Dazu tragen auch die eingelegten Eisenbänder bei; denn diese hatten bei der Freilegung des Rohgusses einen zusätzlichen Zerstörungseffekt für den Formmantel. Trotzdem ist es nahezu sicher, daß in den beiden Gruben die kolossale Athena Promachos gegossen wurde. Sie trug einen Peplos mit wenigen Falten, die relativ dünne Grate und weite, flache Täler aufweisen. Eine gute Parallele bietet die Athena des Angelitos, die von manchen Forschern als frühes Werk des Phidias angesehen worden ist. Einige Statuetten zeigen, daß das Motiv dieser Athena doch einigermaßen bekannt war. Es ist allerdings klar, daß beim derzeitigen Stand der Rekonstruktion des Formmantels eine Identifikation der Angelitos‐Athena als Abbild der Promachos wahrscheinlich, aber noch nicht gesichert ist. Im Gegensatz zu meiner ursprünglichen Vermutung hat die Entdeckung der neuen Grube auch erwiesen, daß die Treppen ursprünglicher Bestand der westlichen Grube Platons waren, daß aber die baulichen Reste der Werkstattanlage dem 4. Jh. v.Chr. zuzurechnen sind. Die fragliche Mauer lief über die neue Grube und konnte demzufolge erst gebaut werden, als die Lage der alten Gruben des 5. Jh. v.Chr. nicht mehr bekannt war. Da es sich bei dem gegossenen Werk nun mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Athena Promachos handelt, ein Werk, das sogar noch auf Münzen des 2. Jh. n.Chr. in seiner Bedeutung für die Akropolis zu fassen ist, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um weitere Informationen zu bekommen und damit den jahrhundertealten Streit um ihr Aussehen zu beenden. Wir müssen auch die übrigen Formfragmente reinigen und sehen, ob sich nicht über Anpassungen Hinweise auf weitere, kleine Teilformen ergeben. Zudem müssen das Gelände westlich der Gruben geomagnetisch prospektiert und die Einarbeitungen an der oberen Felswand untersucht werden. Es sollten sich dort Hinweise auf eine Rampe finden, auf der die Statue auf das Akropolisplateau transportiert wurde. Reste der Rampe im oberen Teil haben sich nachweisen lassen.

 
 

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