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Interpersonelle Erwartungen bei Depression: Alltagsnah erfasste negative interpersonelle Erwartungen, ihr Einfluss auf depressive Symptome im Tagesverlauf und ihr Effekt auf den Langzeitverlauf depressiver Symptomatik
Antragsteller
Professor Dr. Stefan Westermann
Fachliche Zuordnung
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 533266457
Depressive ist gekennzeichnet durch hohe Rückfallraten (ca. 50% in 5 Jahren), jedoch sind bisher nur wenige reliable Prädiktoren wiederauftretender Episoden bekannt. Es ist daher unabdingbar, weitere theoretisch fundierte und empirisch gestützte Warnsignale für das Auftreten, Persistieren und Wiederauftreten depressiver Symptome zu identifizieren. In diesem Zusammenhang könnten negative Erwartungen und ihre „Immunität“ gegenüber korrigierenden positiven Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen. Die vereinfachte Grundannahme des Modells persistierender dysfunktionaler Erwartungen bei Depressionen (ViolEx Modell) ist, dass depressive Symptome entstehen, da Betroffene in spezifischen Situationen das Auftreten negativer Ereignisse erwarten (z.B. eine schlechte Leistung in einem Test), und dass erwartungsverletzende positive Erfahrungen (z.B. eine unerwartet gute Leistung) diese negativen Erwartungen nicht zu korrigieren vermögen, was zur Aufrechterhaltung der Symptome führt. Empirische Untersuchungen stützen das Modell, jedoch beziehen sich bisherige Studien zumeist auf Leistungserwartungen, wohingegen interpersonelle Erwartungen kaum Beachtung fanden. Diese Forschungslücke überrascht, da Menschen mit Depression vielfältige Auffälligkeiten im Bereich interpersoneller Interaktionen zeigen (z.B. soziale Anhedonie oder Defizite in sozialen Interaktionen). Im geplanten Projekt werden wir diese Forschungslücke adressieren und die Vorhersagen des ViolEx Modells auf alltagsnahe und individuell bedeutsame interpersonelle Interaktionen anwenden. Dafür nutzen wir die sogenannte Experience Sampling Methode (ESM), die es uns erlaubt, ökologisch valide und zeitlich hochaufgelöste Daten zu erheben. ESM ermöglicht es uns, interpersonelle Erwartungen prospektiv zu erfassen (d.h., bevor eine Interaktion stattfindet), die Negativität der Erwartung mit der tatsächlichen Erfahrung abzugleichen (d.h., Erwartungsverletzungen zu erheben) und die Stabilität negativer Erwartungen über die Zeit hinweg zu untersuchen. Mithilfe dieser „prospektiven ESM-Erhebungen“, die wir in einer Pilotstudie evaluiert haben, werden wir interpersonelle Erwartungen zwischen Menschen mit Depression, Angststörung und nicht-klinischen Kontrollen vergleichen und den Effekt negativer Erwartungen auf die Entstehung nachfolgender depressiver Symptome im weiteren Tagesverlauf untersuchen. Um überdies längerfristige Auswirkungen negativer interpersoneller Erwartungen erfassen zu können, führen wir eine sechsmonatige Follow Up-Phase durch, in der wir den Langzeitverlauf depressiver Symptome erfassen. Interpersonelles Erleben soll dabei mithilfe der Modellannahmen der „contemporary integrative inerpersonal theory“ (CIIT) von Hopwood, Pincus, Wright und Kollegen operationalisiert werden. Unsere Hypothese ist, dass persistierende negative Erwartungen das Risiko eines schlechten Symptomverlaufs erhöhen und somit ein Warnsignal für Rückfälle darstellen könnten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Schweiz
Kooperationspartner
Professor Dr. Christopher Hopwood