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Verzicht auf das Gewaltmonopol: Sicherheitsimplikationen der Übertragung staatlicher Funktionen auf traditionelle Institutionen
Antragsteller
Professor Dr. Alexander De Juan
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 532401382
Für weite Teile der Weltbevölkerung haben sich die Versprechen des „Weberianischen“ Staates nicht erfüllt. Sie leben in einem Umfeld, in dem der Staat kein Gewaltmonopol aufrechterhalten kann – etwa, weil formelle staatliche Institutionen fehlen, weil sie korrupt sind oder selbst zur Unsicherheit beitragen. Dennoch bleiben akademische und politische Debatten über „fragile“ Kontexte weitgehend staatszentriert, sehen die Abwesenheit des Staates als Quelle von Gewalt und seine Ausweitung als die vielversprechendste Lösung. In einigen der unsichersten Gebiete weltweit wenden sich Staaten und Bürger alternativen Lösungen zu: In Somalia übernehmen Clan-basierte Systeme der Konfliktbearbeitung die Aufrechterhaltung der Ordnung. Angesichts der Schwäche des afghanischen Zentralstaates sorgen traditionelle Räte und Stammesmilizen für Sicherheit in ländlichen Gebieten. Konfrontiert mit exzessiver krimineller Gewalt haben Gemeinden im Süden Mexikos von ihrem Recht Gebrauch gemacht, formelle staatliche Institutionen durch traditionelle Systeme der Regierungsführung zu ersetzen. Diese von Konflikten betroffenen Staaten versuchen, Sicherheit nicht durch den Ausbau staatlicher Institutionen, sondern durch deren selektiven Rückzug herzustellen. Sie delegieren Kernfunktionen des Staates an kommunale Institutionen, die ihre Legitimität auf lokalen Traditionen begründen. Dieser Prozess der „Devolution“ bringt eine grundlegende Neugestaltung der dreigliedrigen Beziehungen zwischen Staat, traditionellen Institutionen und Bürger:innen mit sich. Bisher fehlt jedoch ein klares Verständnis der Folgen dieses Prozesses: Wie wirkt sich die Übertragung staatlicher Funktionen auf die Sicherheit der Bürger:innen in Gebieten aus, die durch tradiertes Gewohnheitsrecht geregelt werden? Was sind die Bedingungen, Merkmale und Mechanismen erfolgreicher Devolution? Unser Projekt soll dazu beitragen, diese Lücken zu schließen. Unsere qualitativen und quantitativen Analysen konzentrieren sich auf Mexiko; hier besteht eine einmalige Gelegenheit, die Übertragung staatlicher Funktionen auf traditionelle Institutionen in Echtzeit zu untersuchen. Die inhaltliche räumlich-zeitliche Varianz struktureller Bedingungen und rechtlicher Bestimmungen ermöglicht es uns zudem, die Rolle des Kontextes und spezifischer Merkmale der Devolution zu untersuchen. Unsere Analysen basieren auf einer internationalen Kooperation mit der Stanford University und vier „Interkulturellen Universitäten“ in Mexiko. Die Ergebnisse erweitern unser Verständnis der Dynamik und Wirkung unterschiedlicher institutioneller Konfigurationen in Kontexten von Unsicherheit. Darüber hinaus können sie Hinweise auf friedensfördernde Strategien jenseits des vorherrschenden staatszentrierten Paradigmas liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
USA
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Professor Alberto Diaz-Cayeros, Ph.D.; Professorin Beatriz Magaloni Kerpel, Ph.D.