Detailseite
Die philologische und sprachgeschichtliche Erschließung der mittelalterlichen iranischen Dichtung auf Fahlawī und Āẕarī (12.-16. Jh. n. Chr.)
Antragsteller
Professor Dr. Ludwig Paul
Fachliche Zuordnung
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528979623
Im mittelalterlichen Iran ist etwa seit dem 10. Jahrhundert n. Chr. eine Vielfalt von schriftlich fixierten Literaturtraditionen in verschiedenen Dialekten bekannt, die neben der dominierenden persischen Hochliteratur eine erstaunliche Vitalität zeigten: so zum Beispiel in Māzandarān das Tabarī (10.-17. Jh.), oder das Alt-Šīrāzī (13.-16. Jh.), in dem auch die Schirazer Dichter Saʿdī und Hāfeẓ einige Verse dichteten. Eine weitere bedeutende Tradition ist die auf Fahlawī verfaßte, "Fahlawīyāt" genannte poetische Tradition (12.-16. Jh.), die in einem als "Fahla" bezeichneten großen Gebiet von Westiran (Hamadān) bis Zentraliran (Isfahan) einerseits und bis Nordwestiran (Tabrīz, Ardabīl) andererseits gepflegt wurde. Diese ging vermutlich auf vorislamische, ursprünglich "Pahlawī" genannte epische und lyrische Traditionen zurück und entwickelte sich über mehrere Jahrhunderte zu einer überregionalen Standardliteratur. Geographisch überschnitt sich ihr Verbreitungsgebiet mit der Region Aserbeidschan, in der zur gleichen Zeit das Āẕarī als gesprochene und Literatursprache verwendet wurde. Da beide literarische Traditionen sich vor allem in ihrer Spätphase miteinander vermischten, sollten sie gemeinsam untersucht werden. Die Fahlawī- und Āẕarī-Dichtung ist, wie fast alle anderen vormodernen dialektalen iranischen literarischen Traditionen, ein von der iranischen und besonders von der internationalen Forschung vernachlässigtes Gebiet. Bisher gibt es lediglich vereinzelte kleine Arbeiten zu einzelnen Texten, fast alle auf Persisch. Die Zahl der bekannten Fahlawī- und Āẕarī-Handschriften hat in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen und umfaßt inzwischen über 700 Verse (davon über 600 auf Fahlawī). Auf Basis dieses Korpus ist es möglich, eine Gesamtschau und philologische Bearbeitung der Fahlawī- und Āẕarī-Dichtung vorzunehmen. Das Korpus soll ediert, ins Englische übersetzt und philologisch kommentiert werden. Die sprachliche Form beider Teilkorpora soll beschrieben und dialekthistorisch analysiert werden. Eine solche Arbeit vermag eine wichtige, fast verschwundene mittelalterliche Literaturtradition zu erschließen und ist ein wesentliches Desiderat der historischen westiranischen Dialektologie. Die Beschreibung und Analyse der beiden Sprachformen wird es ermöglichen, die Vorgeschichte der mit Fahlavī und Āẕarī verwandten modernen Sprachen wie der Zentraliranischen Dialekte (~ Fahlavī) sowie des Tātī und Tālešī (~ Āẕarī) besser zu verstehen. Dies vermag eine zeitliche Lücke im Verständnis der Entwicklung des Westiranischen vom Mittelpersischen und Parthischen zu den heutigen Sprachen und Dialekten zu schließen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Armenien, Iran
Kooperationspartner
Professor Hakob Avchyan; Professor Seyed Ahmad Reza Qaemmaqami