Detailseite
Projekt Druckansicht

SFB 796:  Steuerungsmechanismen mikrobieller Effektoren in Wirtszellen

Fachliche Zuordnung Biologie
Chemie
Medizin
Förderung Förderung von 2009 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 52732026
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zentrales Ziel des SFB796 war die Charakterisierung von Wirt-Pathogen Wechselwirkungen auf molekularer und zellulärer Ebene. Hierdurch sollten vertiefte Einblicke in mikrobielle Strategien zur Ausnutzung bzw. Umsteuerung zellulärer Wirtsprozesse erarbeitet werden. Das Alleinstellungsmerkmal des SFB796 war die gemeinsame Untersuchung viraler und bakterieller Strategien zur erfolgreichen Infektion und Besiedelung von Pflanzen- und Säugerzellen. Dies bot die Möglichkeit spezifische und konservierte Interaktionsmuster zu erkennen. Beispiele für konservierte Strategien beinhalten die Effektor-vermittelte Unterdrückung des Zelltods durch Beeinflussung der ER-Stressantwort, der SUMO-abhängige Kerntransport von Proteinen und die Wechselwirkung viraler Effektoren mit Komponenten der zytoplasmatischen Stresskörperchen der Wirtszellen. Alle diese Prozesse basieren auf spezifischen Interaktionen zwischen mikrobiellen Effektoren und Zielstrukturen des Wirts. Trotz der offensichtlichen Bedeutung dieser Interaktionen sind viele Ziele und zelluläre Funktionen dieser Effektoren nur vage bekannt. Deshalb fokussierte der SFB796 auf die strukturelle Analyse dieser Interaktionen und die Entschlüsselung zellulärer Funktionen bekannter Effektoren. Zur Unterstützung der wissenschaftlichen Projekte konnte eine zentrale Technologieplattform aufgebaut werden, die über Proteinstrukturanalysen, die automatische Bilderkennung, Bioinformatik bis zu Proteomanalysen das notwendige Rüstzeug für die experimentellen Arbeiten zur Verfügung stellte. So konnten mit Hilfe der Bioinformatik lineare Peptidmotive mikrobieller Effektoren genauer untersucht werden, wodurch z.B. erkannt wurde, dass Aminosäurereste in der Nähe der Bindestellen deren Affinität und Spezifität stark beeinflussen. Hierdurch können Stamm-spezifische Unterschiede in der Interaktion von mikrobiellen Effektoren und ihren Wirtsproteinen erklärt werden. Beispiele hierfür sind das CagA Protein von Helicobacter pylori oder das Tio Protein von Herpesviren, bei denen jeweils die Aminosäurereste in der Nähe der Bindestellen die SH2- bzw. TRAF-Bindedomänen beeinflussen und somit eine Rolle bei der Wirtsspezifität spielen. Insgesamt konnten 10 lineare Motive bioinformatisch und experimentell bei viralen und bakteriellen Effektoren identifiziert werden, was auf ein übergeordnetes Prinzip hinweist. Durch Röntgenstrukturanalysen konnten eine Reihe mikrobieller Effektoren strukturell charakterisiert werden. Hierzu zählen das SiiE Protein von Salmonella enterica sowie die IE1, pUL50 und pUL53 Proteine des Cytomegalovirus. Im Fall von pUL50 und pUL53 konnte ein Proteinkomplex auf atomarer Ebene entschlüsselt werden. Hierbei zeigte sich, dass pUL50 über eine haken-ähnliche Struktur mit pUL53 interagiert (hook-into-groove Interaktion). Da beide Proteine zentrale Bestandteile des essentiellen viralen nukleären Eggress-Komplexes sind, bietet die Beobachtung die Chance durch die Entwicklung kleiner Liganden, die mit der Bindung der beiden Proteine interferieren, Theraputika zu entwickeln, die antiviral wirken. Basierend auf dieser Beobachtung wurde ein Patent eingereicht und eine Kooperation mit einem Industriepartner gestartet. Die Proteomanalyse wurde in über 13 Teilprojekten eingesetzt und im Wesentlichen zur Aufklärung von Proteinkomplexen, aber auch von posttranslationalen Modifikationen genutzt. Die Untersuchungen erlaubten einen tieferen Einblick in die molekulare Funktion von AnkG, einem anti-apoptotischen Effektor von Coxiella burnetti, aber auch die erstmalige spezifische Beschreibung von Plasmodesmata, den Zell-zu-Zellverbindungen in Pflanzen oder die Identifizierung von Komponenten der pflanzlichen Stresskörperchen. Das molekulare Verständnis zur Zusammensetzung der Plasmodesmata erlaubt zukünftig die Entwicklung virusresistenter Pflanzen, da alle Pflanzenviren sich über diese Zell-zu-Zellverbindungen im Wirt ausbreiten. Zu erwähnen ist hier, das bisherige genetische oder biochemische Ansätze zur Entschlüsselung des plasmodesmalen Proteoms m.o.w. erfolglos blieben. Hier kam uns eine Mutante zu Gute, die über 10-mal weniger Plasmodesmata verfügte als die Wildtyppflanzen und daher ideal für einen vergleichenden Proteomansatz war. Diese Mutante wurde im Rahmen des SFB796 identifiziert, genetisch charakterisiert und veröffentlicht. Ebenfalls großes Potential bietet die Entschlüsselung der Zusammensetzung der Stresskörperchen, da ihnen eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung/Degradierung von RNA Molekülen zukommt. Dies ist bedeutsam bei der generellen Stressantwort, aber besonders bei Virusinfektionen, da die meisten Pflanzenviren RNA Viren sind und ein antiviraler Mechanismus der gezielte Abbau viraler RNAs ist. Hierbei könnte den Stresskörperchen eine besondere Rolle zukommen. Alle Projekte verwendeten neben den oben angeführten Techniken auch die Konfokalmikroskopie. Das notwendige Bioimaging, welches in der ersten Förderperiode aufgebaut werden konnte, wurde in das neugegründete Optical Imaging Centre Erlangen (OICE) integriert und wurde in der zweiten Förderperiode über das OICE den Teilprojekten zur Verfügung gestellt. Die Gründung des OICE kann als erfolgreiche, dauerhafte Strukturmaßnahme betrachtet werden, bei der ein Z-Bereich in die universitäre Struktur integriert und verdauert wurde. Eine Besonderheit des SFB796 war die gemeinsame Bearbeitung pflanzlicher und hum aner Systeme. Hierbei sollten Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede herausgearbeitet werden. Um tatsächlich von beiden Systemen profitieren zu können, wurden zahlreiche gemeinsame Projekte initiiert. Beispiele sind, Untersuchungen zur Rolle der SUMOylierung beim sub-nukleären Transport von Proteinen, zur molekularen Wirkungsweise von CaeB bei der Induktion von Apotose bzw. programmierten Zelltod in Pflanzen- und Humanzellen und Untersuchungen zum Kerntransport von Effektoren humanpathogener Viren in Pflanzen. Ergebnisse zu diesen Fragen konnten in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht werden und stellen nun die Grundlage für vertiefte Analysen dar. Natürlich fanden neben den systemübergreifenden Untersuchungen auch intensive Studien innerhalb der Systeme statt, wodurch wesentliche Erkenntnisgewinne erzielt werden konnten. So zeigte sich z.B. bei der Analyse der Interaktion zwischen dendritischen Zellen (DC) und HSV-1, dass der proteasomen-abhängige Abbau von CD83 ein Hauptmechanismus ist, der es den Viren erlaubt dem humanen Immunsystem zu entkommen. Helicobacter pylori and Campylobacter jejuni sekretieren eine Serinprotease, HtrA, die die Zell-zu-Zellverbindungen zwischen Epithelzellen auflösen können und damit den Weg zur Besiedelung freimachen. Studien zum Typ 6 Sekretionsapparat von Citrobacter rodentium zeigten, dass Typ 6 Effektoren nicht direkt mit Wirtszellen interagieren, aber wichtige Komponenten sind, um das Mikrobiom umzusteuern, wodurch indirekt ein Einfluss auf den Wirtsorganismus ausgeübt wird. Analysen des Corynebacteriums diphtheriae, welches traditioneller Weise als extrazelluläres Pathogen angesehen wird, zeigten, dass das Bakterium stamm- und zellspezifisch in Wirtszellen eindringen kann. Die Bedeutung für die Pathogenese bleibt jedoch noch zu analysieren. Erste Schritte in diese Richtung wurden unternommen, indem bereits Virulenzfaktoren, die die Invasion beeinflussen, identifiziert werden konnten. Im pflanzlichen System konnte gezeigt werden, dass eine Reihe von bakteriellen Typ 3 Effektoren das Proteasom der Wirtszellen inhibieren und damit Abwehrreaktionen, wie die Bildung von Salizylsäure oder die Einleitung des programmierten Zelltods unterdrücken. Neben den genannten Beispielen wurde in allen Projekten das Verständnis der Interaktion mikrobieller Effektoren mit Wirtsfaktoren vertieft. So kann abschließend gesagt werden, dass der SFB796 seine Ziele erreicht hat und darüber hinaus eine enge Verzahnung zwischen Biologie und Medizin initiieren konnte. Diese Verbindungen sind die Grundlage für künftige interdisziplinäre Verbünde und werden auch nach Abschluss des SFB796 weiterbestehen bleiben. Ebenfalls von Dauer wird die geschaffene Technologieplattform sein, die als Kristallisationskern für proteinorientierte Verbundvorhaben dient.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung