Raum-zeitliche Variation der ökologischen Bedeutung von Microcystinen in eutrophen Gewässern
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Freiland- und Laboruntersuchungen waren auf die Prüfung der folgenden Hypothesen konzentriert: • MCYST werden in Abhängigkeit von der Wachstumsrate der Produzenten und der Verfügbarkeit (d.h. der Konzentration) an intrazellulärem anorganischen Kohlenstoff gebildet. • Es existiert eine Variabilität der ökophysiologischen Bedeutung von MCYST in Bezug zur raum-zeitlichen Verteilung der Produzenten. Artikel im Anhang 31 • Die ökophysiologische Funktion der MCYST steht in Zusammenhang mit der intrazellulären Cj- Akkumulation. Um diese Hypothesen unter Freilandbedingungen zu prüfen, wurde versucht, phänologische Phasen im Lebenzyklus meroplankti scher Cyanobakterien (Microcystis) anhand eines MCYSTB i lanzierungsan satzes auf Gesamtgewässerebene (TS Quitzdorf, Sachsen) einzugrenzen, bei denen MCYST eine ökophysiologische Funktion inne haben. Dabei standen die Kopplung der MCYST an den Lebenszyklus sowie der Einfluss der Verfügbarkeit des anorganischen Kohlenstoffs auf die MCYST-Produktion im Vordergrund. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: (1) Der annuelle Lebenszyklus von Microcystis konnte anhand von Biomasseänderungen am Sediment und im Pelagial der TS Quitzdorf in phänologische Phasen eingeteilt werden: Intakte, im Herbst aus dem Freiwasser aussedimentierte, Microcystis-Ko\Qr\ien überwintern am Sediment und steigen im Frühjahr und Frühsommer zurück ins Freiwasser auf. Dort erfolgt der Wachstumsprozess, dem sich im darauffolgenden Herbst erneut ein Zusammenbruch und die Sedimentation der Freiwasserpopulation anschließt. (2) Zwischen diesem Zyklus und der MCYST-Dynamik wurde eine enge Bindung nachgewiesen: Änderungen der absoluten MCYST-Konzentrationen während der Übergangsphasen Aufstieg (Frühjahr) und Sedimentation (Herbst) zeigen, dass MCYST mit den aufsteigenden bzw. aussedimentierenden Microcystis-Kolomen aus dem bzw. in das Sediment,transportiert' werden. Während diesen Habitatkopplungsprozessen ist eine starke Oszillation der MCYST-Zellquote - sowohl im Pelagial als auch am Sediment - feststellbar, während Wachstums- und Überwinterungsphasen weisen dagegen die MCYST-Zellquoten eine wesentlich geringe Variabilität auf. Der Grund hierfür liegt in der Proportionalität zwischen MCYST und Zellzahl, welche offensichtlich während des Habitatwechsels durch selektive Verlustprozesse stark überformt wird. Die zugrundeliegenden Muster waren allerdings für die Einzeljahre nicht identisch, so dass davon ausgegangen werden kann, dass MCYST-Produzenten und "Nichtproduzenten" eine differenzierte Anpassung während der Übergangsphasen zeigen. Es erfolgt scheinbar keine generelle Selektion von mcy+ bzw. mcy Genotypen als vielmehr eine zeitlich variable Selektion. Untermauert wird diese Schlussfolgerung durch die Tatsache, dass die MCYSTZellquoten sowohl vor als auch nach den identifizierten Phasengrenzen unabhängig von einem festgelegten Muster zu- oder auch abnehmen können. (3) Der Habitatwechsel ist für Microcystis prinzipiell mit Verlusten verbunden, gleichermaßen für MCYST-Produzenten als auch Nichtproduzenten. Für den Aufstiegsvorgang sind die MCYST mit großer Wahrscheinlichkeit von keiner bzw. nur untergeordneter Bedeutung. Auch aus den Sedimentationsereignissen im Spätherbst lassen sich keine konsistenten Zusammenhänge, die bspw. auf einen Vorteil von mcy* Genotypen hindeuten (z.B. die Verlängerung der pelagischen Phase/oder einer vorzeitigen Sedimentation), ableiten. Vielmehr erwachsen Vorteile aus dem Besitz von MCYST vermutlich erst im Pelagial. Während der Überwinterungsphase ist ein ökologischer Vorteil, der aus dem MCYST-Besitz resultiert, dagegen eher unwahrscheinlich. (4) Ausschließlich während der pelagischen Phase, die sich dem Reinvasionsprozess anschließt, kommt es in Abhängigkeit vom Wachstum der Produzenten und deren Sukzession zur Neubildung von MCYST. Eine divergierende Funktion der MCYST auf intra- bzw. extrazellulärer Ebene kann auch mit Hilfe der Bilanzierung im Freiland nicht zwingend ausgeschlossen werden. Die Mehrzahl der aus ihr abzuleitenden Schlussfolgerungen deutet allerdings eher auf eine intrazelluläre Funktion hin. Analog zu den Laborbefunden (siehe Punkt 5) können auch die Ergebnisse der MCYST-Bilanzierung in der TS Quitzdorf in einen durchaus konsistenten Zusammenhang mit der postulierten Effizienzsteigerung des Kohlenstoffmetabolismus während der Wachstumsphase gebracht werden. (5) Die Laboruntersuchungen belegen, dass die MCYST-Produktion bei eingeschränkter Aufnahme von anorganischem Kohlenstoff- bei folglich geringerer zellulärer Q-Akkumulation - erhöht ist. Die Befunde wurden durch vergleichende Experimente mit einer nicht-MCYSTproduzierenden Mutante insofern bekräftigt, als dass bei dieser im Gegensatz zum Wildtyp nur eine abgeschwächte Anpassungsfähigkeit bei reduzierter Cj-Akkumulation zu verzeichnen war. Daraus wurde geschlussfolgert, dass MCYST in die Aufrechterhaltung hoher Photosyntheseeffizienz unter Bedingungen eingeschränkter Q-Versorgung einbezogen sind.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
T. IHLE / S. JÃHNICHEN / J. BENNDORF (2005): Wax and wane of Microcystis (Cyanophyceae) and microcystins in lake sediments: A case study in Quitzdorf Reservoir (Germany). J. Phycol. 41: 479-488