Kurzfristige Variabilität von Klima und Ozeanographie des subtropischen Nordwest-Atlantik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Vorhabens war es, an Probenmaterial des IMAGES Kernes MD992198 aus dem Tobago Becken die Temperaturvariabilität der ozeanischen Deckschicht und damit verbundene Variationen im Auftriebsgeschehen zu rekonstruieren und diese im Zusammenhang mit Änderungen in der atmosphärischen und der ozeanischen Zirkulation für den Zeitraum der letzten ca. 230.000 Jahre zu deuten. Damit sollte die kurzfristige Variabilität im transäquatorialen Wärmestrom im Zusammenhang mit großräumigen Änderungen in der ozeanischen, thermohalinen Zirkulation auf Zeitskalen von Jahrtausenden erfaßt werden, insbesondere für den Zeitraum des vorletzten Glazials (MIS 6) und des letzten Interglazials (MIS 5). Im Tobago Becken variierten die rekonstruierten Sommer-Temperaturen (SSTs) zwischen 20.5° und 28°C während der letzten 230.000 Jahre. Die Winter-SSTs weisen nahezu identische, synchrone Amplitudenschwankungen auf, sind aber generell um 2°C kühler (18-26°C). Insgesamt zeichnet die langfristige Temperaturentwicklung nicht das globale Klimasignal der großen Glazial/Interglazial Zyklen nach. Überraschenderweise waren die SSTs während des vorletzten Glazials (MIS 6) zeitweise so warm wie die heutigen SSTs, während die des letzten interglazialen Maximums (MIS 5.5) ca. 2°C kühler waren als heute. Das läßt darauf schließen, dass die lokale Temperaturentwicklung durch andere Prozesse stark überprägt ist. Nach bisherigem Kenntnisstand verlief die thermale Entwicklung im N- und S-Atlantik während der schnellen Abkühlungsphasen der letzten Eiszeit-Termination (Jüngere Dryas) und des letzten Glazials (Heinrich Ereignisse) entgegengesetzt: bei einer Abkühlungsphase mit abgeschwächter THC im N-Atlantik erwärmt sich der S-Atlantik aufgrund eines verringerten Wärmetransportes in die nördlichen Breiten und umgekehrt. Das Tobago Becken befindet sich im direkten Strompfad des transäquatorialen Wärmetransportes und registriert entsprechende Änderungen. Während des im Norden kalten Heinrich 1 Ereignisses und der Jüngeren Dryas zeigt sich eine Erwärmung, und während des im N-Atlantik warmen Bolling/Allerod wird eine Abkühlung im Tobago Becken beobachtet. Auch die Heinrich Ereignisse 2-7 scheinen mit erhöhten SSTs im Tobago Becken einherzugehen. Analog zur Termination l zeigen die SSTs auch während der Termination 2 ein Wärmemaxirnum (Heinrich 11). Die raschen Klimaumschwünge im glazialen Stadium 6 lassen allerdings solche Zusammenhänge nicht erkennen. Die rekonstruierten Veränderungen in der Thermoklinentiefe (20°C-Isotherme) weisen für den Zeitraum der letzten 230.000 Jahre auf eine überwiegend flach ausgebildete Thermoklinenlage zwischen 50 und 75 m hin. Ausnahmen bilden das Holozän, das glaziale Interstadial MIS 6.3 und einige kurzlebige, nur wenige Jahrtausende umfassende Phasen in den Glazialen MIS 2, 4 und 6 mit deutlich tieferen Thermoklinenlagen (um 150 m und tiefer). Das Holozän unterscheidet sich von allen anderen Interglazialen durch seine tiefe Thermokline und bildet damit eine Ausnahme. Nach unseren Denkmodellen führen wir diese Muster auf Änderungen in der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation zurück. Eine weiter südliche Lage der Innertropisehen Konvergenzzone (ITCZ) (relativ zum Holozän) sollte den Auftrieb begünstigt und zu einer generell flacheren Thermoklinenlage geführt haben (10.000 - 230.000 Jahre v.h.), während eine nördlichere ITCZ im Holozän zu verringertem Auftrieb und tiefer Thermokline im Tobago Becken führte. Die kurzfristigen, extremen Thermoklinenvertiefungen während der Glaziale (MIS 2, 3, 4, 6) könnten damit zum Teil auf ein „Stottern" der THC (Wärmerückstaus) zurückgeführt werden. Tatsächlich weisen benthische d133C-Kurven von MD992198 und aus dem N-Atlantik auf zahlreiche kurzfristige Ventilationsminima im atlantischen Z wischen was serstockwerk während der Glaziale hin und damit auf eine vermutlich reduzierte THC (tiefe Thermoklinenlage im Tobago Becken).