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Nachverfolgung von 150 Jahren starker künstlicher Selektion anhand historischer Hundegenome
Antragsteller
Professor Laurent Frantz, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Evolution, Anthropologie
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 524207393
Der Mensch hat eine Vorliebe für alles Neue. Dies zeigt sich z.B. in der enormen Formenvielfalt bei Hunden, die das Ergebnis künstlicher Selektion ist. Selektion auf ästhetische Merkmale wurde mit dem Aufkommen von Hundeausstellungen in der Mitte des 19. Jahrhundert dramatisch intensiviert und infolgedessen weisen heutige Rassehunde mehr Variation in Schädelform und -größe auf als die gesamte Ordnung der Carnivora. Selektive Zucht zieht oft negative Folgen für die Gesundheit und das Wohlergehen von domestizierten Arten nach sich.So wurden z.B. bei reinrassigen Hunden fast 1.000 vererbbare Krankheiten diagnostiziert, viel mehr als bei Mischlingen und freilebenden Hunden auftreten. Die kumulative Auswirkung von häufigen genetischen Störungen hat zu einer drastischen Verkürzung der Lebensspanne reinrassiger Hunde (~ 1,2 Jahre kürzer als Mischlinge). Züchter können durch Selektion auf bestimmte Allele, die einem bestimmten Merkmal zugrunde liegen, unbeabsichtigt auch Allele favorisieren, die schädlich sind. Ein Prozess, der als genetic hitchhiking bekannt ist. Züchtung führt zur Reduktion der genetischen Vielfalt und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass schädliche rezessive Allele homozygot exprimiert werden (selective sweep). Obwohl der Zusammenhang zwischen intensiver Zucht und deren negative Auswirkungen auf die genetische Vielfalt seit langem bekannt ist, bleibt offen, ob Rassebildung - die Etablierung einer Rasse aus einer unbekannten Anzahl von Individuen im 19. Jahrhundert - oder die anschließenden ~150 Jahre der "Verbesserungszucht" den größten Einfluss auf den Rückgang der genetischen Vielfalt und die erhöhte Mutationslast bei reinrassigen Hunden hatten. Mit anderen Worten, wir wissen nicht, ob die bei modernen Rassehunden beobachteten genetisch bedingten gesundheitlichen Schäden das Ergebnis der Rassenentstehung aus einer sehr kleinen Anzahl hochgradig verwandter Individuen oder der späteren starken künstlichen Selektion auf bestimmte Merkmale sind. Um diese Fragen zu beantworten, benötigen wir historische Daten (Stammbäume) und Genome von historischen Proben. Hier beschreiben wir ein neues Projekt, in dem wir mit Hilfe von, alter DNA-Techniken qualitativ hochwertige Genome von historischen (aus den 1840er bis 2000er Jahren) Rassehundeproben generieren und diese mit bereits erstellten alten und modernen Hundegenomen vergleichen, um mikroevolutionäre Prozesse in verschiedenen Hunderassen über die Zeit zu dokumentieren. Neben der Beantwortung grundlegender evolutionärer Fragen über die Art und Folgen von künstlicher Selektion werden unsere Ergebnisse ein solides Verständnis der gesundheitlichen Folgen eines solchen Prozesses ermöglichen. Dies hat Auswirkungen auf die Veterinärmedizin, die Gewährleistung nachhaltiger Zuchtpraktiken (durch Zuchtverbände) sowie auf unser grundlegendes Verständnis von Krankheiten bei Hunden, die als Modell für menschliche Erkrankungen (z. B. Netzhautdegeneration) dienen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich
Professor Dr. Joris Peters