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Europäische Kriminalpolitik in Zeiten der Digitalisierung: Rechtsstaatliche Anforderungen an ein neues Demokratie- und Staatsschutzstrafrecht

Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 519364913
 
Die Digitalisierung bringt nicht nur Erleichterungen in vielen Lebensbereichen mit sich, sondern sie birgt auch ernsthafte Gefahren für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wie akut diese Bedrohung ist, zeigt sich nicht erst seit der Aggression Russlands gegen die Ukraine und den Westen. Das Projekt wird daher untersuchen, wie das Demokratie- und Staatsschutzstrafrecht mit den Herausforderungen des digitalen Zeitalters umgeht und wie eine rechtsstaatliche Kriminalpolitik auf sie reagieren sollte. Namentlich drei Phänomene werden im Mittelpunkt stehen: Erstens der strafrechtliche Schutz demokratischer Prozesse, etwa vor „Fake News“ und speziell im Hinblick auf KI-Technologien wie „Deep Fakes“. Zweitens widmet sich das Projekt der strafrechtlichen Verantwortung in digitalen Netzwerken, und zwar nicht nur der Nutzer, sondern auch der Hosts und Serviceprovider. Drittens wird der strafrechtliche Umgang mit Cybersabotage und digitalen Angriffen auf kritische Infrastruktur untersucht, bei der sich etwa aus deutscher Sicht das Problem stellt, dass die einschlägigen Straftatbestände entweder sehr unbestimmt oder aber nicht technologieoffen formuliert sind. Da es sich hierbei um Herausforderungen handelt, die sich für alle EU-Mitgliedstaaten in ähnlicher Form stellen und die zugleich originäre Interessen der EU betreffen, wird das Projekt Handlungsoptionen des EU-Gesetzgebers ausloten und Vorschläge für die europäische Kriminalpolitik erarbeiten. Besonderes Augenmerk liegt dabei stets auf den europäischen Grundrechten sowie darauf, die für ein rechtsstaatliches Strafrecht unverzichtbaren Prinzipien zu wahren, insbesondere den strafrechtlichen Bestimmtheits- und den Ultima-ratio-Grundsatz. An dem Projekt wirken neben dem Antragsteller 22 europäische Strafrechtswissenschaftler*innen mit, von denen viele seit 2008 in der „European Criminal Policy Initiative“ zusammenarbeiten. Diese Projektgruppe wird zunächst in einem umfangreichen Rechtsvergleich ermitteln, wie das Strafrecht der EU-Mitgliedstaaten mit den genannten Phänomenen umgeht. Parallel dazu werden das geltende Unionsrecht sowie aktuell in Arbeit befindliche Rechtsakte wie der Digital Services Act und die europäische KI-Verordnung analysiert. Diese Bestandsaufnahme dient dazu, mögliche Schwachpunkte auf der Ebene des mitgliedstaatlichen und des Unionsrechts zu identifizieren. Im Anschluss wird die Projektgruppe – unter Einbeziehung interdisziplinärer Expertise, etwa aus dem Gebiet der Informatik – Vorschläge entwickeln, wie der Unionsgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenzen hierauf reagieren kann und welche rechtsstaatlichen Schranken dabei zu beachten sind. Die Vorschläge werden sowohl die punktuelle Anpassung einzelner Rechtsakte (etwa der KI-Verordnung) als auch eine mögliche neue Richtlinie zur Harmonisierung des mitgliedstaatlichen Strafrechts umfassen. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer Abschlusstagung der Öffentlichkeit präsentiert und veröffentlicht.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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