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Olfaktorisch-visuelle kausale Inferenz in der Wahrnehmung und im Gehirn
Antragsteller
Professor Tim Rohe, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 515110556
Menschen integrieren sensorische Signale der physikalischen (z. B. Sehen, Hören, Tasten) und chemischen Sinne (z. B. Riechen, Schmecken) zu einer kohärenten multisensorischen Wahrnehmung ihrer Umwelt, zum Beispiel beim Essen von Lebensmitteln. Um eine wahrheitsgetreue multisensorische Wahrnehmung zu konstruieren, sollte das Gehirn nur Signale integrieren, die auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen sind. Signale unterschiedlicher Ursachen sollte es unabhängig verarbeiten. Apriorisch ist dem Gehirn allerdings nicht bekannt, welche Ursachen die sensorischen Signale erzeugt haben: Um die unsichere kausale Struktur der Signale zu erschließen, verlassen sich Menschen auf Hinweisreize wie die räumlich-zeitliche Disparität der Signale im Fall der physikalischen Sinne. Ob die Chemosensorik, insbesondere der Geruchssinn, auf Prinzipien der kausalen Inferenz zurückgreift, ist jedoch unerforscht. A priori könnten Geruchsstoffe aus internen oder externen Quellen stammen: Wenn wir etwas essen, muss unser Gehirn feststellen, ob die olfaktorischen und visuellen Signale (unter anderen) von einem gemeinsamen Objekt in unserem Mund und nicht von einer externen Quelle stammen. Nur dann sollte es diese Signale zu einer multisensorischen Wahrnehmung des Lebensmittelaromas kombinieren. Zudem ist unklar, ob die kausale Schlussfolgerung einen Einfluss darauf hat, wie Menschen die Annehmlichkeit eines Aromas bewerten. Diese Sachbeihilfe erforscht, wie olfaktorisch-visuelle kausale Schlussfolgerungen des Gehirns unsere multisensorische Wahrnehmung von Lebensmitteln formen: Erstens untersuchen wir, ob das Prinzip der kausalen Inferenz von den physikalischen auf die chemischen Sinne verallgemeinert werden kann. Im Gegensatz zu den physikalischen Sinnen liefern die chemischen Sinne mehr qualitative als quantitative Wahrnehmungsinformationen und akkumulieren sensorische Evidenz langsamer. Zweitens ermöglicht die Anwendung des Modells der kausalen Inferenz eine Prinzipien-basierte Untersuchung der olfaktorisch-visuellen Wahrnehmung, was besonders für das Verständnis der Wahrnehmung und Bewertung von Lebensmitteln relevant ist. In zwei Arbeitspaketen untersuchen wir, wie Menschen die kausale Struktur von olfaktorisch-visuellen Signalen erschließen und deren multisensorische Annehmlichkeit bewerten: Das erste Arbeitspacket charakterisiert in psychophysikalischen und EEG-Studien an gesunden menschlichen ProbandInnen, wie das Gehirn olfaktorisch-visuelle kausale Information von Lebensmittelreizen akkumuliert, um deren Signale je nach ihrer Kausalstruktur zu integrieren oder zu segregieren. Das zweite Arbeitspacket beschreibt, wie das Gehirn die kausale Struktur von olfaktorisch-visuellen Lebensmittelreizen erschließt, ihre Annehmlichkeit bewertet und schließlich die Annehmlichkeit in Gesichtsbewegungen ausdrückt. Die Ergebnisse werden unser Verständnis, wie das Gehirn die multisensorische Wahrnehmung von Lebensmitteln formt, bewertet und ausdrückt, erheblich erweitern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen