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Identifikation grundlegender Loci der lokalen Anpassung in europäischen Populationen von Drosophila
Antragstellerinnen / Antragsteller
Dr. Claudia Fricke; Dr. Sonja Grath; Dr. Nico Posnien
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 514085304
Organismen müssen sich an ständig ändernde Umweltbedingungen anpassen. Als Folge der Anpassung an lokale biotische und abiotische Bedingungen unterscheiden sich Individuen innerhalb und zwischen Populationen auf genomischer und phänotypischer Ebene. Derlei Diversifizierung von Populationen wird durch das Zusammenspiel von Selektion und neutralen Prozessen (z.B. Gendrift, Migration) beeinflusst. Unser bisheriges Wissen über die genetische Vielfalt beruht hauptsächlich auf der Analyse einzelner Gene oder begrenzter genomischer Regionen. Neueste Sequenziermethoden ermöglichen die genomweite Analyse genetischer Differenzierung. So haben beispielsweise populationsgenomische Analysen die Migrationsgeschichte der weitverbreiteten Taufliege Drosophila melanogaster aufgedeckt, die seit etwa 10.000 Jahren erfolgreich den größten Teil der Welt besiedelt hat. Ebenso verfügen wir heute über Methoden, die es uns erlauben zu unterscheiden, ob genomische Regionen zwischen Organismen variieren, weil sie einer gerichteten Selektion unterlagen oder ob sie durch neutrale Prozesse beeinflusst wurden. Während genomische Vergleiche im Hochdurchsatz heute möglich sind, ist es noch immer schwierig Populationsunterschiede in der Funktion und Morphologie zu quantifizieren, da solche Studien zeitaufwändig sind und oft spezielle Geräte und Fachkenntnisse erfordern. Daher bleiben die organismischen Konsequenzen genomischer Veränderungen oft unentdeckt. Das European Drosophila Population Genomics Consortium (DrosEU) sammelt seit 2014 D. melanogaster-Populationen in ganz Europa, und erste populationsgenomische Analysen zeigten bereits Muster lokaler Anpassung. Das Konsortium hat 2018 aus neun europäischen Populationen insgesamt 168 genetisch invariable Fliegenlinien (sog. isofemale Linien) etabliert, die für eine umfangreiche Quantifizierung von 18 lebensgeschichtlichen, physiologischen, morphologischen und verhaltensorganismischen Merkmalen genutzt wurden. Da für mehrere dieser Merkmale Hinweise auf lokale Anpassungen gefunden wurden, stellen die Fliegenlinien ein hervorragendes System dar, um phänotypische Variation mit genomischen Signaturen lokaler Anpassung zu verknüpfen. Wir werden die Genome aller 168 Linien sequenzieren, um die beobachtete phänotypische Variation mit der genomischen Divergenz zu verknüpfen. Um mechanistische Einblicke in die Folgen der genetischen Vielfalt auf organismische Phänotypen zu gewinnen, werden wir genomweite Muster der Genexpression (RNAseq) und -regulation (ATACseq) in zwei relevanten Geweben untersuchen, im Darm und in sich entwickelnden Flügeln. Unsere Experimente werden neue mechanistische Einblicke über die lokale Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen in natürlichen Populationen liefern. Die in diesem Projekt generierten genomischen Ressourcen, Ergebnisse und Analysepipelines werden wichtige Impulse für Folgeprojekte in D. melanogaster und darüber hinaus liefern, um generelle Mechanismen der lokalen Anpassung zu identifizieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professor Timothy Beissinger, Ph.D.; Dr. Tobias Reiff