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Die Bedeutung von akademischen Reisen und Konferenzinteraktionen für wissenschaftliche Reputation: Status Quo und Veränderungen im Fachkulturenvergleich (CAT)
Antragstellerin
Professorin Dr. Simone Rödder
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Soziologische Theorie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 511915629
Akademisches Reisen (AT) erfährt als Thema an der Schnittstelle von Science & Technology Studies, Hochschulforschung, Mobilitätsforschung, Interaktionssoziologie, Soziologie der Nachhaltigkeit und Critical Conference Studies zunehmende wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Das Projekt wählt einen wissenschaftssoziologischen Zugang, um die Bedeutung des beruflichen Reisens in der Wissenschaft für Reputation und Karrieren zu untersuchen. Wissenschaftler:innen als „Cosmopolitans“ pflegen enge Verbindungen zu und orientieren sich an professionellen Fachkolleg:innen als Bezugsgruppe. Diese Gründe für Zusammenarbeit, Konferenzinteraktion und Reisen bilden den Kontext für die Analyse von AT. Wir definieren AT als Reisen, die Wissenschaftler:innen zur Präsentation und Diskussion ihrer Forschung, zu Aufbau und Pflege von Netzwerken, akademischen Dienstleistungen und zur beruflichen Weiterbildung unternehmen. Bisher liegt der Schwerpunkt der Theoretisierung und empirischen Analyse des wissenschaftlichen Reputationssystems auf Publikationen und auf den Naturwissenschaften. In diesem Projekt soll dagegen untersucht werden, wie sich individuelle Reputation aufbaut und wie akademische Autorität in Konferenzinteraktionen gezeigt, ausgehandelt, gewährt und möglicherweise verloren wird. Weil empirische Untersuchungen dieser Phänomene heterogene disziplinäre Reisekulturen berücksichtigen müssen, schlagen wir vor, drei Fachkulturen (Klimawissenschaft, Zeitgeschichte und Informatik) zu vergleichen, die aufgrund ihrer Affinität zu zwei Kontextfaktoren ausgewählt wurden, die wir für die Untersuchung von AT als relevant erachten, nämlich klimabedingte und digitale Transformationen kurzfristigen (Flug)Reisens. Der akademische Flugverkehr ist ein Hauptgrund für das aktuelle Interesse am Thema, und eine kritische Haltung dem Fliegen gegenüber ist eine wichtige Triebkraft für dieses Interesse. Zusätzlich sind Informations- und Kommunikationstechnologien für digitale Interaktionen in der akademischen Welt immer alltäglicher geworden. Dennoch nehmen praktisch alle Wissenschaftler:innen an Konferenzen teil, und physisches Reisen in der Wissenschaft wurde vor der Pandemie kaum grundsätzlich in Frage gestellt. Wir wollen daher der Frage nachgehen, ob COVID-19 als Katalysator fungierte (Projekt-Akronym: CAT), der einen kritischen Wendepunkt für die Rolle und Relevanz von AT darstellt. Das Projekt wird: (1) die Relevanz von Konferenzen und Kopräsenz theoretisieren und AT in drei verschiedenen Fachkulturen empirisch erforschen, (2) untersuchen, wie sich die (Un-)Möglichkeit zu reisen auf akademische Karrieren auswirkt, und (3) einen Beitrag zum soziologischen Verständnis der Persistenz, des Wandels und der Transformation von klimawirksamen Praktiken wie internationalen Reisen als Teil von transregionalen Ketten der wissenschaftlichen Zusammenarbeit leisten. Die interpretative Methodik des Projekts kombiniert eine Fokusgruppe, problemzentrierte Interviews und Konferenz-Ethnographie.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professor Dr. Stefan Cihan Aykut; Professorin Dr. Katharina Manderscheid