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Dramaturgien im Zeichen der Gewalt. Transnationales Theater zwischen Globalem Süden und Norden
Antragsteller
Professor Dr. Leon Gabriel
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 508024718
Das Nachleben der ungleich geteilten transnationalen Gewaltgeschichte betrifft mit großer Dringlichkeit die performativen Künste, die zunehmend von Positionen aus dem Globalen Süden geprägt sind. Ausgehend von der Annahme, dass sich diese Geschichtlichkeit in Körpern, Beziehungen und Institutionen niederschlägt, soll der enge Zusammenhang von historisch-politischer Situation mit Ästhetiken und Produktionsbedingungen (Arbeitsformen und Infrastrukturen) untersucht werden. Ziel der Nachwuchsforschungsgruppe ist es, anhand dreier Teilprojekte mit Fallstudien eine umfassende, auf die gewaltsame Geschichtlichkeit bezogene Theorie und Analyse transnationalen Theaters zwischen Globalem Süden und Norden zu erarbeiten sowie die spezifische Rolle von performativer Kunst aus dem Globalen Süden im Dispositiv global-transnationalen ‚Gegenwartstheater‘ auszuloten. Obgleich Ästhetik in ihrer europäisch-abendländischen Auffassung den Zusammenhang von Werk, Produktionsweise und Wirkung anerkennt, wurden diese Aspekte dennoch begrifflich-konzeptionell unterschieden. Diese Trennung wird heute durch diejenigen performativen Künste besonders herausgefordert, die zwar aus dem Globalen Süden heraus entstehen, eminent aber vom Austausch mit den diskursbestimmenden Theaterstrukturen des Globalen Nordens beeinflusst sind, v.a. denjenigen Europas. Diese performativen Künste verdeutlichen, dass die Bedingungen des In-Erscheinung-Tretens in die gewaltsame Geschichte involviert sind.Das Konzept der Dramaturgie dient als zentrales Werkzeug für die Analyse dieses weitreichenden Verhältnisses und dessen soweit möglicher Veränderung. Weil Dramaturgien die Reibungsfläche zwischen ästhetischem Werk und außer-ästhetischer Welt bilden, aus der erst Kunst entsteht, ist es ein weiteres Ziel der Nachwuchsforschungsgruppe zu untersuchen, wie spezifische Dramaturgien zwischen Globalem Süden und Norden die Widersprüche und Herausforderungen an Ästhetik europäischer Prägung bündeln und wie somit Fragen nach Dekolonisierung gestellt werden – der Ästhetik selbst und darüber hinaus. Somit sollen also die inhärenten Asymmetrien transnationaler performativer Künste herausgearbeitet und neue Ansätze des szenischen Denkens-In-Beziehung dargelegt werden. Damit zielt das Projekt darauf, das Konzept der Dramaturgie von seinem eurozentrischen Gehalt zu lösen und zu erweitern.Im Zentrum des gesamten Forschungsvorhabens stehen drei Bereiche: a) Positionen ausgewählter Künstler*innen und Kollektive aus dem Globalen Süden, b) damit korrespondierende regionale Probenorte, die über die Produktion von Kunst hinaus durch sozial-umweltliches Engagement geprägt sind und c) europäische Festivals und Produktionshäuser als diskursbestimmende Strukturen, sogenannte ‚Gatekeeper‘ für den Zugang zum Feld des ‚transnationalen Gegenwartstheaters‘. Die beantragte Nachwuchsgruppe erforscht diese Ziele und Gegenstände mit jeweiliger Gewichtung in drei Teilprojekten (Antragssteller und zwei Promovierende).
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen