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Unerforschte Offshore-Archive – geochemische Spuren auf dem Algarve-Schelf
Antragsteller
Professor Dr. Klaus Reicherter; Professor Dr. Jan Schwarzbauer
Fachliche Zuordnung
Geologie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 498354030
Die Ozean-Gebiete der Erde und ihre holozänen Sedimentarchive sind eine weitestgehend unerforschte Domäne. Insbesondere für die Erforschung der Paläoumwelt und extremer Wellenereignisse könnte die Untersuchung unberührter und langfristiger Offshore-Archive von Vorteil sein, ist aber in der Wissenschaft bisher unterrepräsentiert. Vorangegangene und vorläufige Offshore-Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Identifizierung und Umweltauswirkungen von rückgespültem terrestrischem Material eindeutige Ereignissignaturen aufweisen, welche die Hintergrundsignatur übersteigen. Daraus werden folgenden Arbeitshypothesen abgeleitet: (1) Tsunamis verursachen eine singuläre und hochenergetische Mobilisierung von terrestrischem und assoziiertem organischem Material, was zu Hintergrundsignatur überlagernden, singulären Ereignisablagerungen in marinen Systemen führt; (2) Offshore-Archive stellen günstige Umgebungen dar, um ‚Backwash‘ Ablagerung zu detektieren.Während der Ausfahrt M152 mit der METEOR wurde ein umfangreicher Probensatz von Sedimentkernen des Algarve-Schelfs gesammelt mit der Prämisse, die paläoökologische Entwicklung des Algarve-Schelfs zu untersuchen und kontrastierende, diskontinuierliche Schichten des AD 1755 Lissabon Tsunami und anderer vorausgegangener kurzzeitiger, aber hochenergetischer Ereignisse zu differenzieren und charakterisieren. Um dies zu erreichen, werden Offshore-Proben mit einem umfassenden organischen geochemischen Ansatz untersucht und durch komplementäre sedimentologische und mikropaläontologische Daten unterstützt.Die vorgesehenen Arbeitspakete des Projekts umfassen (a) die Identifizierung des gesamten Spektrums organischer geochemischer Verbindungen und die Auswahl geeigneter umweltsensitiver Stoffe, die langfristige und kurzfristige Umweltveränderungen widerspiegeln und differenzieren können; (b) die geochemische Rekonstruktion der Umweltentwicklung auf dem Algarve-Schelf und die Unterscheidung zwischen langfristigen Prozessen und kurzfristigen Ereignissen, die den Schelf beeinflussen; (c) die Identifizierung des AD 1755 Lissabon Tsunami und Ablagerungen potentieller Vorgänger-Ereignissen mit den zuvor definierten organischen Markern; (d) einen Vergleich zwischen den geochemischen Charakteristiken der Offshore-Sedimente zu ihren terrestrischen Pendants; und schließlich (e) die Bestimmung der räumlichen Verteilung der Ablagerungen und die Untersuchung der ‚Backwash‘-Mechanismen durch organisch-geochemische Erkenntnisse. Durch die Umsetzung dieser Projektziele und der Gewinnung neuer Informationen können wir nicht nur auf neue Faktoren zur Bewertung der Tsunami-Gefahr für die europäische Atlantikküste stoßen, sondern auch fundamentale Grundlagen der hydrodynamischen Prozesse des ‚Backwash‘ verstehen. Auf diese Weise profitiert zukünftige Tsunami-Forschung von einem authentischen Offshore-Datensatz, um Tsunami-Gefährdungskarten und Szenarien für ein verbessertes Gefahrenmanagement lokaler Behörden zu erstellen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen