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Räumlich-zeitliche Charakterisierung der ERV-Expression und -Regulation in der Gehirnentwicklung von Primaten
Antragstellerinnen
Professorin Johanna Klughammer, Ph.D.; Dr. Michelle Vincendeau
Fachliche Zuordnung
Entwicklungsneurobiologie
Entwicklungsbiologie
Virologie
Zellbiologie
Entwicklungsbiologie
Virologie
Zellbiologie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 497803923
Etwa 99 % unseres Genoms sind mit dem unseres nächsten Verwandten, des Schimpansen, identisch. Dennoch unterscheiden wir uns deutlich. Insbesondere das menschliche Gehirn weist eine wesentlich höhere neuronale Komplexität auf. Die molekularen Mechanismen, die zu den Unterschieden in der Anzahl, Vielfalt und Komplexität der Neuronen führen, sind jedoch nach wie vor kaum verstanden. Transponierbare Elemente (TE) machen einen erstaunlichen Anteil (45%) des menschlichen Genoms aus. Unter den TEs haben endogene Retroviren (ERVs) das Säugetiergenom kolonisiert und umfassen ~500.000 solitäre virale Promotoren (LTRs) verstreut über das gesamte Genom. Viele ERV-LTRs dienen als Regulatoren von Genexpressionsnetzwerken und werden von KRAB-haltigen Zinkfingerproteinen (KZFPs), kontrolliert. KZFPs werden im menschlichen Gehirn in hohem Maße exprimiert, was darauf hindeutet, dass die exakte Regulierung von ERVs eine wichtige Rolle bei der menschlichen Gehirnentwicklung spielt. Im Einklang mit dieser Hypothese konnten wir kürzlich zeigen, dass die Aktivierung einer spezifischen ERV-Gruppe, HERV-K(HML-2), in frühen Stadien der kortikalen Entwicklung einen negativen Einfluss auf die Differenzierung menschlicher kortikaler Neuronen sowie auf die Entstehung des menschlichen Vorderhirns hat. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine entwicklungszeitpunktspezifische Kontrolle von HERV-K(HML-2) für die menschliche kortikale Neurogenese wichtig ist. Unsere vorläufigen Daten zeigen auch eine erhöhte ERV-Expression in iPSCs sowie in Gehirnproben von Cynomolgus-Makaken, während die ERV-Expression in menschlichen iPSCs unterdrückt ist. Ausgehend von diesen Erkenntnissen wollen wir weiter untersuchen, wie Unterschiede in der ERV-Aktivität und ihre genregulatorischen Auswirkungen während der Gehirnentwicklung zu den humanspezifischen Merkmalen der menschlichen Gehirnentwicklung beigetragen haben. Wir wollen neue Datensätze zur Einzelzellexpression und zur angepassten räumlichen Transkriptomik von menschlichen und nicht-menschlichen Mikroglia enthaltenen Hirnorganoiden erstellen. Mit Hilfe von systematischen Analysen und Integration dieser Daten werden wir die Expression von ERVs neben dem proteincodierenden Transkriptom in situ und mit Einzelzellauflösung umfassend untersuchen und eine integrierte ERV-Karte erstellen, welche die räumlich-zeitlichen Wechselwirkungen zwischen ERV-Expression, zellulären Expressionsphänotypen und Gewebemorphologie darstellt. Dieser Ansatz wird es uns ermöglichen, mehrere ERV-Gruppen auszuwählen, deren spezifische Funktion auf die menschlichen Gehirnentwicklung wir mithilfe von CRISPR-Technologien und Organoiden entschlüsseln werden. Dieses Projekt wird nicht nur unser Verständnis von ERVs im Kontext der menschlichen Gehirnentwicklung und Evolution verbessern, sondern auch eine universelle räumlich-molekulare Referenzkarte für die Erforschung der Gehirnentwicklung von Primaten erstellen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen