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Die implizite Verarbeitung von sozialer Information bei sozialer Angststörung – eine Eye-Tracking und Bildgebungsstudie
Antragstellerin
Dr. Vivien Günther
Fachliche Zuordnung
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 496949003
Die soziale Angststörung ist durch eine intensive Furcht vor sozialen Situationen gekennzeichnet, bei denen die Angst, zurückgewiesen zu werden, im Vordergrund steht. Die Symptome sind nicht nur mit einem hohen Leidensdruck bei den Betroffenen verbunden und haben häufig einen chronischen Verlauf, die Erkrankung hat auch eine zunehmende gesundheitsökonomische Bedeutung. Die Erforschung von Ursachen und Krankheitsmechanismen ist daher von großem Interesse für die Senkung von Inzidenzraten und für den Behandlungserfolg. Kognitive Modelle der Angst postulieren Auffälligkeiten in Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsprozessen bei der Verarbeitung potentiell bedrohlicher Reize, die einen Einfluss auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Angstsymptomen haben. Empirische Studien lieferten erste Hinweise auf eine präferierte Orientierung der Aufmerksamkeit zu wütenden Gesichtern, doch die Befunde sind uneinheitlich und zeigen eher kleine Effekte. In bisherigen Eye-Tracking Studien zur Erforschung von Aufmerksamkeitsprozessen bei sozialer Angststörung wurden überwiegend wütende Gesichter als bedrohliche Stimuli präsentiert, während bedrohliche soziale Szenen und fazialer Ekel vernachlässigt wurden. Dabei scheint der Ausdruck von Ekel von besonderer Bedeutung für Patienten mit sozialer Angststörung zu sein, da er eine mögliche Ablehnung oder Zurückweisung signalisiert. Bildgebende Studien zu neurobiologischen Grundlagen der sozialen Angststörung erlauben derzeit noch keine Schlussfolgerungen über die automatische zerebrale Reagibilität auf fazialen Ekel. Im Allgemeinen wird bei Patienten mit sozialer Angststörung eine erhöhte Responsivität auf emotionale Gesichter in der Amygdala und Insula beschrieben.Ziel des vorliegenden Projektes ist es, unser Verständnis von den der sozialen Angststörung zugrundeliegenden kognitiven und neurobiologischen Mechanismen mithilfe von Eye-Tracking Methoden und funktioneller Magnetresonanztomographie zu verbessern. Von Patienten mit sozialer Angststörung und gesunden Kontrollen sollen Blickbewegungen erfasst werden (1) während der Betrachtung bedrohlicher und neutraler sozialer Stimuli (Gesichter, die Wut und Ekel ausdrücken, sowie soziale Szenen) und (2) einer Suchaufgabe mit aufgabenirrelevanten neutralen, und Wut und Ekel ausdrückenden Gesichtern. Außerdem soll die automatische Hirnresponsivität auf unbewusst verarbeitete, bedrohliche Gesichter während (3) einer Geschlechts-Identifikationsaufgabe und (4) innerhalb eines potentiell bedrohlichen Kontextes in Abhängigkeit der Gruppenzugehörigkeit analysiert werden.Empirisch basierte Störungsmodelle und Behandlungsansätze zur Veränderung verzerrter Aufmerksamkeitsprozesse bei sozialer Angststörung könnten von den Ergebnissen dieser Studie profitieren. Des Weiteren könnten neue Erkenntnisse im Bereich automatisch auftretender Verzerrungen in der Emotionsverarbeitung weitere Erklärungen liefern für die schwere Kontrollierbarkeit der eigenen Angstsymptome bei Patienten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Dr. Charlott Maria Bodenschatz; Professor Dr. Thomas Suslow