Apoptoseinduktion in Krebszellen durch Myrtucommulon aus Myrte (Myrtus communis)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Krebserkrankungen sind die zweithäufigste Todesursache in den westlichen Nationen. Die Behandlung erfolgt meist mit Kombinationstherapien aus Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Häufig ist jedoch der Behandlungserfolg insbesondere bei fortgeschrittenen, metastasierten Erkrankungsformen unzureichend. Ursache für das Scheitern aktueller Therapieschemata ist oft das Auftreten von Chemoresistenzen. Darüber hinaus sind die mit Chemotherapien verbundenen akuten Nebenwirkungen und langfristig gesundheitlichen Beeinträchtigungen sehr hoch und führen bei bestimmten Krankheitsformen teilweise sogar zum Tod der Patienten. Der Großteil der Chemotherapeutika ist pflanzlichen Ursprungs. Beispiele sind die Vincaalkaloide, die Anthrazykline, die Taxane, die Camptothecin-Derivate und die Podophyllotoxin-Derivate. Myrtucommulon ist ein nicht-prenyliertes Acylphloroglucinolderivat aus den Blättern der gemeinen Myrte (Myrtus communis L.), die in der Volksmedizin gewisse Anwendung, z.B. bei entzündlichen Erkrankungen, findet. In den westlichen Arzneibüchern und der Phytotherapie sind Myrte oder Präparationen (Extrakte) daraus nicht gängig und pharmakologische Wirkungen der Myrte bzw. des Inhaltstoffs Myrtucommulon sind bisher unzureichend belegt. Im Rahmen des Projektes sollte geprüft werden, ob Myrtucommulon in der Lage ist Krebszellen abzutöten, wobei gesunde, nicht-transformierte menschliche Zellen (wie z.B. Leukozyten aus Humanblut) möglichst nicht angegriffen werden sollen. Dabei sollte die Entschlüsselung der zugrunde liegenden biochemischen Mechanismen der antitumoralen Wirkung im Vordergrund stehen. Wir konnten zeigen, dass Myrtucommulon über den intrinsischen, mitochondrialen Weg die Apoptose in verschiedenen Krebszelllinien einleitet, jedoch bei vergleichbaren Konzentrationen keinen zytotoxischen Effekt auf nichttransformierte Blutzellen (Leukozyten) besitzt. Dabei scheint die Caspase-9 ein entscheidendes Schlüsselmolekül zu sein. Unseren Daten zufolge hemmt Myrtucommulon in leukämischen Zellinien den ERK-Signalweg, der für die Zellproliferation wichtig ist und an der Aktivierung der Caspase-9 beteiligt ist. Interessanterweise ist die Hemmung der ERKs durch Myrtucommulon auch in primären Neutrophilen zu beobachten. Im Zuge der Untersuchungen konnten wir die mikrosomale Prostaglandin E2 Synthase-1 (mPGES-1) als ein Target des Myrtucommulons identifizieren, was zunächst das entzündungshemmende Potential der Substanz erklärt aber auch im Hinblick auf die entzündungsgetriebene Tumorprogression ein interessanter Befund ist. Tatsächlich ist das Produkt der mPGES-1, das PGE2, in diesem Zusammenhang ein wichtiger Mediator. Im Verlauf des Projektes kam es zu der Bildung dreier wichtiger Kooperationen, die zur umfassenden Bearbeitung des Myrtucommulons geführt haben. In Kooperation mit Prof. L. Sautebin, Univ. Neapel, wurde gezeigt, dass Myrtucommulon gute in-vivo-Aktivität in inflammatorischen Tiermodellen aufweist. In Kooperation mit Dr. M. Abdel-Tawab, Zentrallabor Deutscher Apotheker, Eschborn, konnte eine analytische Nachweismethode etabliert werden, mit deren Hilfe nun die Boverfügbarkeit und Pharmakokinetik des Myrtucommulons in Ratten bestimmt wird. Schließlich gelang in Kooperation mit Prof. J. Jauch, Univ. Saarland, die Totalsynthese des Myrtucommulons und die Synthese wirksamerer Derivate. Zusammenfassend gelang es also wichtige Schritte bei der Charakterisierung und Entwicklung des Myrtucommulons zur möglichen Anwendbarkeit als Therapeutikum bei entzündlichen Erkrankungen oder Krebserkrankungen insbesondere zur Therapie entzündungsinduzierter Krebserkrankungen zu bewältigen. Hinweise auf Erfolgsberichte in den Publikumsmedien: http://www.morgenpost.de/web-wissen/article1261041/Kuenstliche-Myrte-soll-gegen-Krebs-helfen.html http://www.welt.de/wissenschaft/article6463427/Kuenstliche-Myrte-soll-gegen-Krebs-helfen.html http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-11256-2010-02-19.html
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Pharmaceutical Preparation Based On Myrtucommulone A For The Selective Tumour And Cancer Therapy: WO/2007/128537
Tretiakova, I., Werz, O.
-
(2008) Myrtucommulone from Myrtus communis induces apoptosis in cancer cells via the mitochondrial pathway involving caspase-9, Apoptosis, 13,119-131
Tretiakova, I., Blaesius, D., Maxia, L., Wesselborg, S., Schulze-Osthoff, K., Cinatl, J., Michaelis, M., Werz, O.
-
(2009) Myrtucommulone from Myrtus communis exhibits potent anti-inflammatory effectiveness in vivo. J Pharmacol Exp Ther, 329, 76-86
Rossi, A., Di Paola, R., Mazzon, E., Genovese, T., Caminiti, R., Bramanti, P., Pergola, C., Koeberle, A., Werz, O., Sautebin, L., Cuzzocrea, S.
-
(2009) Myrtucommulone, a natural acylphloroglucinol, inhibits microsomal prostaglandin E2 synthase-1, Br J Pharmacol., 156, 952-961
Koeberle, A., Pollastro, F., Northoff, H. and Werz, O.
-
(2009) Total synthesis of myrtucommulone A, Angew Chem Int Ed Engl.
Müller, H., Paul, M., Hartmann, D., Huch, V., Blaesius, D., Koeberle, A., Werz, O., Jauch, J.
-
(2010) Determination of myrtucommulone from Myrtus communis in human and rat plasma by liquid chromatography/tandem mass spectrometry, J Chromatogr.
Gerbeth, K., Meins, J., Werz, O., Schubert-Zsilavecz, M., Abdel-Tawab, M.