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Rechts- und Tugendpflichten. Kants Einteilung der Metaphysik der Sitten aus Sicht der „Tafel der Kategorien der Freiheit“
Antragsteller
Privatdozent Dr. Stephan Zimmermann
Fachliche Zuordnung
Geschichte der Philosophie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491996920
Das Projekt greift ein zunehmend kontrovers diskutiertes Problem der Moralphilosophie Kants auf. In der MS entwickelt Kant sein System der Pflichtenlehre, dessen Fundament schon die GMS und die KpV errichtet haben. Danach sind alle moralischen Pflichten primär in Rechts- und Tugendpflichten einzuteilen. Das macht eine doppelte Frage nötig, die nach dem Merkmal und die nach der Rechtfertigung dieser Einteilung.Was das Merkmal der Unterscheidung betrifft, so trägt Kant in der MS mehrere vor. Manche davon scheinen den Ausführungen der Grundlegungsschriften zum Begriff der Pflicht als solcher zu widersprechen. Einige Interpreten haben daher die Einheit von Kants Moralphilosophie infrage gestellt (Unabhängigkeitsthese). Was hingegen die Rechtfertigung der Unterscheidung anbelangt, so weisen gewisse Bemerkungen Kants dahin, dass es der kategorische Imperativ ist, aus dem die Primäreinteilung moralischer Pflichten abzuleiten ist. Das Projekt will eine Antwort auf die doppelte Frage entwickeln. Dafür möchte ich die von der bisherigen Forschung außer Acht gelassenen Anregungen aufnehmen, die in der KpV das Lehrstück der Freiheitskategorien bereithält. Ich möchte den Gegensatz von Rechts- und Tugendpflichten erstmals aus Sicht der „Tafel der Kategorien der Freiheit“ untersuchen. Kant selbst legt das nahe, verbindet er doch mit der Tafel die Funktion, den ganzen Grundriss für die seinerzeit erst noch auszuarbeitende MS vorzuzeichnen.Meine leitende Idee ist, dass einige der Unterscheidungsmerkmale in der MS derjenigen Pflichtenklassifikation entsprechen, welche die Kategorientafel der KpV als einzige anführt und so vor allen anderen hervorhebt: der von vollkommenen und unvollkommenen Pflichten. Dass Rechtspflichten vollkommen und Tugendpflichten unvollkommen a priori bestimmt sind, lassen auch Mitschriften diverser Vorlesungen Kants erkennen. Die Rechtfertigung der Unterscheidung fiele dann in die „Tafel der Kategorien der Freiheit“. Sie bestände in Kants metaphysischer und transzendentaler Deduktion des betreffenden Kategorienpaars aus den zugrunde liegenden Denkfunktionen des Intellekts, welch letztere die sog. Urteilstafel in der KrV enthält. Doch nennt die MS daneben noch andere Merkmale, um Rechts- und Tugendpflichten zu unterscheiden. Das Naturrecht des 18. Jahrhunderts hat den Gegensatz zwischen einem auf äußeres Handeln gerichteten Recht und einer auf innere Gesinnung gerichteten Ethik ausgebildet. Bis zuletzt versucht Kant, diese zu adaptieren, was wohl etliche der Spannungen seines Spätwerks verschuldet. Das Projekt zielt darauf ab, die Einheit von Kants Moralphilosophie zu wahren: Die Abhängigkeitsthese findet, was man bislang nicht gesehen hat, an den Freiheitskategorien der KpV und damit an der Urteilstafel der KrV Halt. Von daher möchte ich argumentieren, dass die Unterscheidungsmerkmale, welche jene früheren Schriften an die Hand geben, als die eigentlichen zu verstehen sind.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen