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Innerislamischer Wissenstransfer im Rahmen arabisch-persisch-osmanischer Übersetzungsprozesse im östlichen Mittelmeerraum zwischen 1400–1750

Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 490721181
 
Übersetzungsprozesse spielten eine zentrale Rolle bei der Herausbildung des Osmanischen Reiches in der Frühen Neuzeit. Vor dem Hintergrund einer konfessionell-politischen Polarisierung im östlichen Mittelmeerraum und Nahen Osten wurde eine Vielzahl von Werken verstärkt rezipiert, übersetzt und kommentiert. In einem interdisziplinären Ansatz untersucht die Nachwuchsgruppe diesen transregionalen Wissenstransfer zwischen 1400 und 1750 erstmalig ganzheitlich. Hierbei liegt der Fokus auf Übersetzung als Konzept, Prozess und Produkt in einer Großregion der islamischen Welt. Die Nachwuchsgruppe hat zum Ziel, die zentrale Rolle osmanisch-türkischer Übersetzungen aus dem Arabischen und Persischen als Teil von Auflösungsprozessen kultureller und literarischer Mehrdeutigkeit zwischen sunnitischem und schiitischem Islam offenzulegen, ohne die sich geistesgeschichtliche Entwicklungen der Region nicht verstehen lassen. Durch die Zusammenführung von Forschungsansätzen der Nahostwissenschaften, Übersetzungswissenschaft und material philology soll die Gruppe nicht nur signifikante Lücken des bisherigen Forschungsstandes schließen, sondern zusätzlich auch bislang zu eng gefasste Übersetzungskonzepte durch ein neues, kulturgeschichtlich reflektiertes Übersetzungsverständnis ersetzen. Insbesondere gilt dies für die Funktion von Übersetzung im Rahmen ideologischer Selbstverortung, konfessioneller Abgrenzung und Fortentwicklung literarischer Normen durch Übersetzer, Auftraggeber und Rezipienten. Vier Teilprojekte behandeln unterschiedliche Literaturgattungen, wobei Übertragungen historiografischer, biografischer, enzyklopädischer und exegetischer Texte im Vordergrund stehen. Durch den Fokus auf Handschriften als materiellen Objekten beleuchtet die Nachwuchsgruppe nicht nur den Inhalt von Werken, sondern auch die Leserschaft anhand von paratextuellen Elementen wie Besitzvermerken und Stempeln sowie Layout und Illustrationen. Hierdurch lassen sich Texte sowohl zueinander in Beziehung setzen als auch zu Übersetzern (als autoritativ eingreifenden Akteuren) und zu literarischen Praktiken. Die systematische Auswertung von Vor- und Nachworten, Besitzangaben und visuellen Merkmalen gibt anhand von Übersetzern, Auftraggebern und Leserschaft Einblicke in Netzwerke und Knotenpunkte nahöstlich-islamischer Wissensproduktion in der frühen Neuzeit. Individuelle Mechanismen des Wissenstransfers werden so als Adaption von Normen im Kontext breiter (religions-)politischer und literarischer Tendenzen deutlich. Die geografische und soziokulturelle Verortung von Übersetzung sowie ihre Einordnung in langfristige Entwicklungen der Frühen Neuzeit stellen einen genuinen Forschungsbeitrag zur Geistesgeschichte der untersuchten Region und Periode dar. Um auch für zukünftige Forschungsprojekte anschlussfähig zu sein, werden die Forschungsdaten in Kooperation mit dem Leipziger Akademieprojekt Bibliotheca Arabica innerhalb eines bio-bibliografischen Referenzwerks bereitgestellt.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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