Das Duell in der Frühen Neuzeit. Vergleichende Untersuchungen zu Kursachsen, Mecklenburg und Schweden.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zusammenfassend sind fünf zentrale Ergebnisse festzuhalten: (1) Aufkommen und Verbreitung des Duells im Alten Reich und in Schweden sind das Ergebnis von Rechtstransfers und daran anschließende Prozesse der Umetikettierung bestimmten Gewalthandelns als Duell. (2) Das Duell in der Frühen Neuzeit war Produkt wandelnder Zuschreibungen. Bisherige Definitionen, die das Duell als eine in ihrem Handlungsverlauf streng formalisierten Variante gewaltsamer Ehrverteidigungen beschrieben, erwiesen sich für die Untersuchungsgebiete als unzulänglich: Bis in die Sattelzeit hinein wurden hier ganz unterschiedliche Handlungen als Duell begriffen. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts setzte eine Kopplung des Duells an formalisierte Handlungsabläufe ein, deren Einhaltung etwa ab der Jahrhundertmitte auch im Umkehrschluss als Voraussetzung für die Einordnung einer Gewalthandlung als Duell angesehen wurde. (3) Um 1750 fand zugleich eine diskursive Historisierung des Duells statt: Fehde, gerichtlicher Zweikampf und Turnier wurden nun ebenso zu direkten Vorläufern erklärt wie antike Formen des Zweikampfs. Das sog. ‚Ausfordern’ als rechtlicher Vorläufer wurde im Zuge dessen verdrängt bzw. bereits als Duell umgedeutet. Verbunden mit dieser Neuerfindung der Geschichte des Duells war dessen nun grundsätzlich anzutreffende Charakterisierung als Mittel der Ehrenrettung, und dies unabhängig davon, ob man das Duell als tauglich zur Verteidigung seiner Ehre ansah oder nicht. (4) Für das Alte Reich konnte außerdem festgestellt werden, dass das Duell hier zunächst keinen sozialen Beschränkungen unterlag. D. h., unter den Duellanten waren neben Adligen und Offizieren auch Handwerker oder Kaufleute anzutreffen. Allerdings waren es ganz ähnlich wie in anderen Ländern Europas in der Mehrzahl Adlige und Offiziere, die sich duellierten. Studenten duellierten sich bemerkenswerter Weise bis ca. 1800 nur ausgesprochen selten. Grundsätzlich stellt sich angesichts dieser Ergebnisse die Frage nach europäischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden neu: Denn angesichts der Befunde ist nicht wie bisher angenommen von der Adaption etablierter Duellkonzeptionen im Zuge eines Kulturtransfers von West- und Südwesteuropa nach Nord- und Mitteleuropa auszugehen. (5) Für das Alte Reich ist dann auch nicht nur von der Langlebigkeit des Phänomens Duell über die Wende zur Moderne hin auszugehen. Vielmehr ist die Sattelzeit selbst als eigentliche Hochphase und nicht als deren Ausläufer zu begreifen. Zugespitzt kann formuliert werden, dass das Duell im deutschen Sprachraum v. a. ein Phänomen der Moderne ist und weniger der Vormoderne. Erst um 1800 nahm das Duell mit Blick auf die Protagonisten, den Ablauf und die Funktion seine uns heute so typisch erscheinende Gestalt an.