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Geschichte Militärseelsorge von der frühen Neuzeit bis zur neuesten Zeit
Antragstellerin
Professorin Dr. Angelika Dörfler-Dierken
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 471841920
Ziel dieser Untersuchung ist die Erarbeitung einer Geschichte der Militärseesorge in Europa. Als Initialpunkt wird die Kriegsleuteschrift des Reformators Martin Luther gewählt, weil mit dem Auseinanderbrechen des katholischen Kosmos auch die frühneuzeitlichen Kriegsunternehmer und ihre Söldnerhaufen eine eigene Konfessionszugehörigkeit ausbildeten und der frühneuzeitliche konfessionell homogene Staat entstand. Die konfessionelle (und später auch) religiöse Pluralität lässt fragen, ob sich Typen von Militärseelsorge unterscheiden lassen, und welche Beziehung zwischen dem jeweiligen Typus und der jeweiligen Militärorganisation bestand. Drei Typen von Konfession entstanden in der Frühen Neuzeit: die lutherische, die reformierte und die katholische. Erst im Zuge des 19. Jahrhunderts kamen im Vielvölkerstaat Österreich Militärseelsorger aus orthodoxen südosteuropäischen Nationalkirchen dazu und auch muslimische. Derzeit betreiben alle genannten christlichen Konfessionen und der Islam Seelsorge an Soldatinnen und Soldaten – allerdings nicht in allen Staaten Europas. In Deutschland gibt es beispielsweise (noch) keine muslimische Militärseelsorge; in den Niederlanden gibt es neben muslimischer auch humanistische seelsorgliche Betreuung von Soldaten. Heute sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger für die Soldatinnen und Soldaten entsprechend nationaler Regeln in die Militärorganisation eingebunden, und sie sind mit den Kirchen, die sie repräsentieren, in sehr unterschiedlicher Weise verbunden. In Frankreich beispielsweise werden sie militärisch geführt; für Deutschland wurde ein Modell gewählt, das katholischen und evangelischen sowie auch die jüdischen Militärseelsorger als Beamte auf Zeit in der Bundeswehr verankert; die Militärbischöfe bzw. der oberste Militärrabbiner sind allein ihrer Kirche bzw. Religionsgemeinschaft verbunden und stehen protokollarisch neben dem Verteidigungsminister. Der Zeitbeamtenstatus der Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorger soll dazu dienen, die Bindung an die abordnende Kirche bzw. den Zentralrat der Juden zu stärken und eine zu starke mentale Identifikation mit der Militärorganisation verhindern. Gerade durch ihre Freiheit von militärischer Führung sollen die Militärgeistlichen in der Bundeswehr als „Fenster ins Zivile“ (Sigurd Rink) wirken und die Soldaten da-von abhalten, der häufig beschriebenen Eigenlogik und Dynamik von Hass und Gewalt zu verfallen.Religion und Militär – das sind zwei sehr unterschiedliche Funktionszusammenhänge, die für jeweils bereichsspezifische Funktionslogiken stehen. Es geht einerseits um Transzendenz und individuelles Gewissen, andererseits um Rechtsdurchsetzung mit nötigenfalls militärischer Gewalt. Die Logik des Christentums und des Judentums sind auf friedliches Zusammenleben der Menschen und Völker in der Gegenwart und im Eschaton ausgerichtet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen