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„Taktiles Weiß“ für die Fingerspitze – Materialstrukturierung für niedrige Reibung

Fachliche Zuordnung Herstellung und Eigenschaften von Funktionsmaterialien
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 466754480
 
Reibung zwischen der Fingerspitze und Materialien ist ein wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Lebens. Sie erlaubt uns die aktive Handhabung von Gegenständen und ist eine entscheidende Einflussgröße in der taktilen Wahrnehmung, die uns Materialien erkennen und Affekte erleben lässt. Flache Oberflächen bieten guten Kontakt mit der Haut und festen Halt, zum Beispiel um eine Flasche anzuheben. Geriffelte Oberflächen verformen die Haut und erlauben einen festen Zugriff, so dass ein Verschluss gedreht und die Flasche geöffnet werden kann. Die taktilen Funktionen von Oberflächenstrukturen gehen aber über das Greifen hinaus: sie übermitteln Information, steuern die Aufmerksamkeit und ziehen uns an. Die meisten Oberflächen, die wir berühren, sind bereits technisch hergestellt. Die Forderung eines nachhaltigen Designs und der Bedarf an digitalen Schnittstellen erfordert zunehmend die Entwicklung von Oberflächen mit bestimmten haptischen Funktionen und Qualitäten. Weder flache noch geriffelte Oberflächen fühlen sich besonders gut an, während feine Oberflächenstrukturen niedrige Reibung aufweisen und einen angenehmen seidigen Eindruck hinterlassen. In diesem Projekt erkunden wir die physikalischen Grundlagen der Reibung bei zufälliger Rauheit auf kleinen Skalen und entwickeln Designregeln für Materialien, deren Oberflächenmikrostruktur eine niedrige Reibung gegenüber Fingerspitzen sicherstellt.Klassischerweise wird Reibung auf zwei Beiträge zurückgeführt, den adhäsiven Widerstand gegen die Scherung der Grenzfläche zwischen Material und Haut sowie die Verformung der der Haut durch Rauheitsspitzen. In der Reibung der Fingerspitze wird die Kontaktmechanik nicht nur durch die Struktur des Materials bestimmt, sondern auch durch die Rillen an der Fingerspitze. Eine Optimierung der Oberflächenstruktur muss also deren räumliches Spektrum mit Bezug auf den Abstand der Fingerrillen einbeziehen. Für unsere Experimente berechnen wir Oberflächen mit bestimmten spektralen Eigenschaften und stellen Prototypen mittels hochauflösender additiver Fertigung her. Taktiles Erproben der Oberflächen durch viele Studienteilnehmer*innen führt zu einer Datengrundlage für die Bewertung von Reibungsmodellen.Wir untersuchen auch die Wahrnehmung der Reibkraft durch die Studienteilnehmer*innen. Die Ergebnisse versprechen neue Einsichten zur Rolle von Rauheit und Reibung in der Wahrnehmung von Materialien. Niedrige Reibung und unregelmäßige Kraftfluktuationen lassen einen weichen, angenehmen Eindruck erwarten. Wir erhoffen uns ein besseres Verständnis der Reibung von Haut gegen natürliche und technische Oberflächen und wollen Regeln für das Design von angenehmen Oberflächenstrukturen vorlegen, die man als einen Standard für ein „taktiles Weiß“ beschreiben kann. Dieser bietet einen neuen Ausgangspunkt für die Schaffung von Materialien mit taktilen Kontrasten und haptischen Funktionen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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