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Die Treuhand-Privatisierungen: Käuferauswahl, Regionale Auswirkungen und politische Scarring Effekte

Antragsteller Dr. Lukas Mergele
Fachliche Zuordnung Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2021 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 465830511
 
Nach dem Fall der Berliner Mauer erlebte Ostdeutschland das wohl umfangreichste Privatisierungsprogramm der Geschichte. Die deutsche Regierung setzte eine öffentliche Agentur, die Treuhandanstalt (kurz: Treuhand), ein, um die gesamte volkseigene Wirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik zu veräußern. Alle Betriebe wurden innerhalb weniger als fünf Jahren privatisiert oder liquidiert. Auf Grund der historischen und politischen Bedeutung des Themas ist der aktuelle ökonomische Forschungsstand unzureichend. Studien über ostdeutsche Privatisierungen sind selten, vermutlich aufgrund von Datenlücken. Das Forschungsprojekt verfolgt das übergeordnete Ziel, den Prozess und die Folgen der Treuhand-Privatisierungen zu untersuchen. International trägt das Projekt zu einer breiteren Literatur über Privatisierungsprozesse und Privatisierungsfolgen bei. Das übergeordnete Ziel umfasst drei unabhängige Forschungsmodule, die jeweils die Konstruktion neuer Datensätze und empirischer Designs beinhalten. Damit werden die Vorarbeiten des Antragstellers erweitert. Dieser hat aus administrativen und archivarischen Quellen verknüpft mit Firmenbefragungen einen einzigartigen Datensatz der Treuhandunternehmen aufgebaut. Im ersten Modul wird untersucht, wie die Treuhand entschied, welche Kaufinteressenten die Unternehmen erworben haben. Durch die Öffnung der Treuhand-Archive wird eine weltweit einzigartige Quelle genutzt, in welcher erfolgreiche und abgelehnte Gebote dokumentiert sind. Daraus wird erforscht, welche Angebotskomponenten für erfolgreiche Angebote ausschlaggebend sind und, warum die meisten Treuhandfirmen an westdeutsche Bieter verkauft wurden. Das zweite Modul erforscht die Folgen der Treuhand-Entscheidungen auf die regionale Wirtschaftsentwicklung. Damit verbindet es die Privatisierungsdebatte mit der Literatur zu regionalen Firmen-Spillover. Die Analyse der Treuhandpolitik bietet dafür eine besondere Gelegenheit, da eine große Zahl an Privatisierungs- und Liquidationsfälle und eine plausible exogene Variation der Privatisierungsraten vorliegen. Da die Privatisierungen innerhalb westlicher Institutionen und teilweise bestehender Marktumgebungen stattfanden, ergeben sich Parallelen zur aktuellen Regionalentwicklungspolitik.Drittens werden die Konsequenzen von Privatisierungsentscheidungen für die politische Einstellungen der Bevölkerung analysiert. In der Literatur ist offen, ob Privatisierungen auch das Wahlverhalten und politische Meinungen von Betroffenen verändern. Da es Hinweise für langfristige politische Effekte auf Grund eines zunehmenden Importwettbewerbs gibt, könnten auch Privatisierungsentscheidungen ähnliche "Narbeneffekte" zur Folge haben. Die Transformation der DDR-Unternehmen war oft mit Arbeitsplatzverlusten verbunden, welche Abwanderungsbewegungen und demografische Verschiebungen zur Folge hatten. Diese längerfristigen Folgen könnten zur Erklärung für den Aufstieg populistischer Bewegungen in Ostdeutschland beitragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Belgien
Mitverantwortlich Moritz Lubczyk
Kooperationspartner Moritz Hennicke
 
 

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