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Verwandtschaftseffekte oder betroffene Verwandtschaft? – Untersuchung der Funktionsweise von Familiennetzwerken anhand ihrer Auswirkungen auf die Erwachsenensterblichkeit und Fruchtbarkeit

Antragsteller Dr. Kai Willführ
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 462854750
 
Menschliche Lebensläufe sind in familiäre Netzwerke eingebettet. Obwohl Familienstrukturen und Verwandtenunterstützung weltweit stark variieren, werden Eltern damals wie heute von Familienmitgliedern beim Kinder großziehen unterstützt. Ebenso sind auch produktive und ökonomische Aktivitäten in familiären Netzwerkzusammenhängen organisiert. Die Folgen der primären sozialen Konstitution des Menschen sind seit langem Forschungsgegenstand der Familien- und Lebenslaufsoziologie sowie der Demografie. Forschung fokussierte dabei vornehmlich auf Kontexteffekten. Die evolutionäre Anthropologie hat den Sozialwissenschaften mit der Life History Theory (LHT) und der Cooperative Breeding Hypothesis (CBH) zwei vielversprechende theoretische Angebote zu machen. Die LHT erklärt, wie individuelle Lebensstrategien durch evolvierte Responsemechanismen gesteuert werden. Hierbei sind vor allem Kontingenzerfahrungen für Lebenslauf und Verwandtschaftsbeziehungen relevant. Die CBH erklärt reproduktive Kooperation und Konkurrenz innerhalb der Familie durch altruistische Verwandtenunterstützung als auch durch evolviertes Eigeninteresse ihrer Mitglieder. Beide Theorieofferten sind nicht nur für eine interdisziplinär aufgestellte Familienforschung relevant, sondern auch für die Erforschung gegenwärtiger demographischer Entwicklungen, da Verwandtschaftsbeziehungen Fruchtbarkeit wie auch Sterblichkeit maßgeblich beeinflussen.In diesem interdisziplinären theoretischen Rahmen soll anhand historischer Familienrekonstitutionen und Registerdaten aus Europa und Nordamerika mit fortgeschrittenen quantitativen Analyseverfahren erforscht werden, wie sich die Zusammensetzung der Familie auf den individuellen Lebenslauf und insbesondere auf Sterblichkeit und Fruchtbarkeit auswirkt. Fokussiert wird dabei auf Kooperation und Konkurrenz innerhalb von Familien, insbesondere mit Hinblick auf die Interaktion zwischen biologischen Verwandtschaftsgrad, Verfügbarkeit der Verwandten und sozioökonomischen Kontext. Da sich soziale und wirtschaftliche Kontexte innerhalb und zwischen den Studienpopulationen signifikant unterscheiden, kann beurteilt werden, inwieweit Verwandteneffekte generalisierbar sind oder sich auf Verhalten beziehungsweise den strukturellen Kontext zurückführen lassen. Hierfür eignen sich vor allem Schwiegereltern-Schwiegerkind-Beziehungen, welche aufgrund der fehlenden genetischen Verwandtschaft ein größeres Konfliktpotenzial erwarten lassen, jedoch gleichzeitig die räumliche Nähe zu den Schwiegereltern häufig mit bestimmten sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen korreliert ist. Insbesondere liegt dem Projekt eine Lebenslaufperspektive zugrunde, welche das Wechselspiel biologischer und sozialer Faktoren, wie auch individueller Erfahrungen berücksichtigt. So kann mit Längsschnittanalysen ein umfassenderes Verständnis von Kosten-Nutzen-Bilanzen verwandtschaftlicher Beziehung gewonnen werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Kanada, Niederlande, Schweden
 
 

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