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Mehrdimensionale Philologie im Pronaos von Esna in Oberägypten
Antragsteller
Professor Dr. Christian Leitz
Fachliche Zuordnung
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 461191962
Im Rahmen dieses Projekts soll eine vollständige Übersetzung der Inschriften des Tempels von Esna erstellt werden sowie ein Wörterbuch der Esnatexte und eine tempelspezifische Zeichenliste. Das wird die meiste Arbeitszeit in Anspruch nehmen und verhindern, daß das Projekt als Ganzes scheitert.Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen sind sieben Litaneien auf 6 der 18 Säulen des Pronaos, die so strukturiert sind, daß die exakte Position der einzelnen Verse innerhalb einer Litanei und der genaue Anbringungsort auf einer Säule bezüglich Höhe und geographischer Ausrichtung zusätzliche Sinnebenen ergeben, die bei einer Veränderung der Position z.B. durch Vertauschen zweier Verse, einer Veränderung der Orthographie eines Wortes, einer Umsetzung in eine ägyptologische Umschrift oder ihrer Wiedergabe in einem Buch unweigerlich den größten Teil der seinerzeit intendierten Informationen verlieren würden. In den meisten Fällen ist der erste Sinn klar und verständlich, während weitere Bedeutungsebenen mehr oder weniger gut verborgen sind. Charakteristisch ist, daß sich der Leser immer ein Element hinzudenken muß, z.B. einen alternativen Lautwert einer Hieroglyphe oder ein anderes Determinativ, was vor der vollen Ausbildung des ptolemäischen Schriftsystems nicht oder nur ganz eingeschränkt funktioniert hätte. Häufig sind es auch Analogien, auf die der Betrachter kommen mußte. So mußte es ihm bei einem Vers, in dem der Name der Göttin Neith mit dem Zeichen für den 2. Mondmonatstag geschrieben ist und in dem im Begleittext der Vollmond erwähnt wird, auffallen, daß sich dieser Vers auf zwei Kolumnen verteilt. Ganz oben in der zweiten Kolumne steht der Vollmond, ganz unten in der ersten der 2. Mondmonatstag, der ja auch nur als Neulicht kurz über dem Westhorizont sichtbar wird. Zugleich wurde der Vollmond auf einer Kolumne erwähnt, die exakt nach Süden ausgerichtet ist, und genau dort erreicht der Mond seine höchste Position in der Nacht. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Interaktion von Texten mit anderen in ihrer Umgebung.Da es vermutlich die gleichen Priester waren, die für Planung der Dekoration aller Säulen und Wände zuständig waren, wäre es naheliegend, auch alle anderen Texte auf solche oder vergleichbare Effekte hin zu untersuchen.Da solche zweiten Sinnebenen im Fach als keineswegs etabliert gelten können und es auch nicht wenige geben wird, die so etwas als unseriös komplett ablehnen werden, wird hier ein Antrag im Rahmen eines Reinhart Kosseleck Projektes gestellt.
DFG-Verfahren
Reinhart Koselleck-Projekte