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normal#verrückt Zeitgeschichte einer erodierenden Differenz

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 419057548
 
Ziel des Projektes ist es, die bis jetzt dominante top-down geprägte, nationalgeschichtliche Sichtweise durch einen Perspektivwechsel herauszufordern und Deinstitutionalisierung alltagsgeschichtlich zu erzählen. Das Projekt möchte anhand von Lebensläufen von Frauen und Männern, die Frage der Deinstitutionalisierung "von unten" beantworten. Darüber hinaus soll die Erosion der Leitdifferenz von normal und verrückt im Alltagsleben der Betroffenen reflektiert werden. Haben sich die Mauern der Anstalt in den Alltag ausserhalb des Asyls verschoben oder lässt sich tatsächlich eine Erosion traditioneller Grenzziehungen auch lebenspraktisch nachvollziehen? Deshalb werden sowohl Vor- wie Nachgeschichte dieser "Patient*innen" in die Erzählung miteinbezogen. Arbeitshypothese ist, dass es nicht zu einer Deinstitutionalisierung, sondern zu einer Auffächerung der institutionellen Antworten kam. Die alltagsgeschichtliche Herangehensweise soll auch die Erfahrungen von bisher noch kaum gehörten Akteur*Innen dieser Deinstitutionalisierung hörbar machen. Dabei sollen drei Problemfelder mikrohistorisch aufgearbeitet werden.- Lebensläufe: Zentraler Kern des Projektes ist es, nicht mehr, wie bisher meistens in der Psychiatriegeschichte, vom Ort auszugehen, sondern von Personen, die sich zu einem gewissen Moment in einem psychiatrischen Raum befanden. -Psychiatrien: Seit Ende der 1950er Jahre kam es zu einer Auffächerung dessen, was ein psychiatrischer Raum ist, der sich nicht mehr alleine über das Asyl definiert. - Netzwerke sozialer Hilfe: Die Historiographie zum/über das 18. und 19. Jahrhundert hat Psychiatriegeschichte und Geschichte des Wohlfahrtsstaates/der Sozialhilfe oft verschränkt. Für das 20. Jahrhundert sind die beiden Felder bis jetzt jedoch historiographisch weitgehend getrennte Wege gegangen. Verfolgt man jedoch Lebensläufe von Patienten, so stellt sich heraus, dass diese sehr oft zwischen Angeboten eher sozial definierter Einrichtungen und eher medizinisch-therapeutischer Institutionen hin- und herwechseln. Das Kreuzen dieser Achsen soll das allzu vereinfachende Narrativ der Deinstitutionalisierung aufbrechen, die Heterogenität von Lebenserfahrungen von Menschen aufzeigen, die einen Teil ihres Lebens in psychiatrischen Konfigurationen verbringen und somit zur allgemeinen Forschungsfrage der Aufweichung von normal#verrückt beitragen. Die doppelte Verschiebung, weg von einem top-down geprägten, nationalgeschichtlichen Narrativ hin zu einer mikrogeschichtlichen Betrachtungsweise sowie ein nicht deutschsprachiges Fallbeispiel, rücken neue Fragen in den Mittelpunkt des Interesses und tragen dazu bei, den deutschsprachigen Raum in vergleichender Perspektive schärfer fassen zu können.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
Internationaler Bezug Belgien, Luxemburg
Partnerorganisation Fonds National de la Recherche
Kooperationspartner Dr. Renaud Bardez; David Guilardian
 
 

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