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Biografien im Wandel: Materialität, Mobilität und Agency der Miniaturensammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg

Antragstellerin Dr. Beatrice Alai
Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 452794801
 
Unter den Beständen der Graphischen Sammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (GNM) befindet sich ein großer Bestand an Miniaturmalereien aus dem 9. bis 18. Jahrhundert, der aus mehr als dreihundert Einzelseiten, Initialen und Zierrahmen besteht, die aus deutschen und italienischen Manuskripten herausgeschnitten wurden. Trotz ihrer außerordentlichen Bedeutung für die Geschichte der Buchmalerei wurde diese Sammlung von Fragmenten oder Cuttings bisher übersehen und nie näher untersucht.Ziel dieses Projektes ist es, die Geschichte, Bedeutung und Funktion dieser übergangenen Kunstwerke zu untersuchen. Ausgehend von einem interdisziplinären Forschungsansatz, der die Analyse der materiellen Aspekte dieser Fragmente mit einer Untersuchung ihrer kulturellen Bedeutung verbindet, sollen die individuellen Biographien der einzelnen Sammlungsstücke rekonstruiert und ihre Transformation in neuzeitliche Museumsobjekte nachgezeichnet werden. Dabei werden die multiplen Identitäten dieser Buchmalereien sichtbar gemacht, deren Status sich abhängig von Raum und Zeit änderte: Sie waren Bestandteil mittelalterlicher Manuskripte, wurden als Kuriositäten ausgeschnitten und gesammelt, Ende des 18. Jahrhunderts als Beispiel für eine verlorene primitive Kunst wiederentdeckt, im Rahmen der Arts & Craft-Bewegung als Vorbild für modernes Produktdesign reproduziert, und schließlich zum Forschungsgegenstand verschiedener akademischer Disziplinen.Eine Rekonstruktion der wechselhaften Itinerare und Lebensabschnitte der einzelnen Cuttings des GNM erlaubt es erstmals, besser zu verstehen, warum sich private Nürnberger Sammler wie der Gründer des GNM Hans von und zu Aufsess seit dem frühen 19. Jahrhundert dazu entschieden, italienische und deutsche Buchmalereien zu sammeln. Darüber hinaus sollen die Fragmente in Beziehung zu ihren Geschwistern, d.h. zu Ausschnitten aus demselben Manuskript, gesetzt werden, die sich heute in anderen deutschen, englischen, französischen, italienischen und nordamerikanischen Sammlungen befinden. Infolgedessen wird es möglich sein, nicht nur ein eindrückliches Panorama der ikonographischen und stilistischen Merkmale, sondern auch der wirtschaftlichen, soziokulturellen und religiösen Rahmenbedingungen zu zeichnen, in denen die Fragmente jeweils zirkulierten.In diesem Sinne zielt das Projekt auch auf eine kritische Neubewertung der Geschichte europäischer und nordamerikanischer Miniatursammlungen, die im deutschen akademischen Diskurs bislang fehlt: In der Tat war das GNM das erste Museum in Deutschland, das über eine solche Sammlung verfügte, und nahm damit eine Vorreiterrolle für das Sammeln von illuminierten Fragmenten in anderen Museen Europas ein. Das Projekt will damit einen wesentlichen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Sammlungsbestände des GMN leisten und lädt darüber hinaus dazu ein, differenziert über europäische Identität und gemeinsames Kulturerbe zu reflektieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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