Detailseite
Projekt Druckansicht

Verrechnungsprinzipien und Mechanismen der Himmelskompass-abhängigen Kopfrichtungskodierung in der Wüstenheuschrecke

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Experimentelle und theoretische Netzwerk-Neurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 452193090
 
Als äußerst mobile Tiere stehen Insekten und Wirbeltiere vor ähnlichen Herausforderungen in der räumlichen Orientierung. Während bei Wirbeltieren Neurone, die navigationsrelevante Aspekte kodieren, wie Kopfrichtungszellen, Ortszellen und Gitterzellen seit einiger Zeit untersucht werden, werden Gehirnareale und Eigenschaften Raum-kodierender Neurone bei Insekten erst seit kurzem erforscht. Ein Gehirnareal bei Insekten, der Zentralkomplex, scheint eine Schlüsselrolle in der räumlichen Orientierung zu spielen. Bei mehreren Arten kodieren Neurone des Zentralkomplexes Himmelskompasssignale wie die Sonnenrichtung (Sonnenazimut) sowie die Schwingungsebene polarisierten Himmelslichts, welches von der Sonne erzeugt wird. Im Gegensatz zu lokalen Landmarken, die Richtungsinformation bei Säugern liefern, scheinen bei vielen Insekten global verfügbaren Signale zur Kodierung der Kopfrichtung zu dienen. Diese sind besonders geeignet für saisonal wandernde Tiere wie Heuschrecken. Bei Wüstenheuschrecken werden der Sonnenazimut und das Muster polarisierten Lichts am Himmel in kompassartiger Weise im Zentralkomplex kodiert. Neue Daten zeigen, dass beide Signale sich unterstützen, während die Polarisationsanalyse nur eines kleinen Himmelspunktes über dem Tier offenbar zu fehlerhafter Sonnenazimut-Kalkulation führen kann. Wir werden untersuchen, unter welchen Bedingungen (Umwelt und Verhaltensziel) eine solche Repräsentation optimal ist, ähnlich einem ‘idealen Beobachter’ Modell in der Psychophysik des Menschen. Obwohl die Sehbahn vom Auge zum Zentralkomplex im Detail untersucht ist, sind die Verrechnungsprinzipien, die zum Himmelskompass im Zentralkomplex führen, noch unklar. Das vorliegende Projekt wird den Sonnen- und Himmelspoleingang ins Komplexauge modellieren, die Konvergenz der Bahnen von beiden Augen im Zentralkomplex, sowie die Interaktion der Sonnen- und Himmelspoleingänge. Besonderes Augenmerk soll darauf gerichtet werden, den Kompass gegenüber Änderungen in der Bewölkung und Sonnenhöhe robust zu machen. Wir werden einen ‘idealen Beobachter’ des Himmels/der Sonne konstruieren und das resultierende Modell in ein neuronales System mit bekannten anatomischen und physiologischen Einschränkungen übertragen. Die Voraussagen des Modells werden mit Daten aus elektrophysiologischen Versuchen abgeglichen, in denen die Integration von Sonnen- und Polarisationssignalen im Heuschreckengehirn untersucht wird und Neurone identifiziert werden, die den Aktivitätspeak im Zentralkomplex-Kompass bei Drehungen des Tieres verschieben. Wir erwarten, dass das Projekt Mechanismen im Heuschreckengehirn aufdeckt, die dem Himmelskompass zugrunde liegen. Diese können dann mit Mechanismen der Kopfrichtungskodierung bei Arten wie Drosophila verglichen werden, die auch ohne Himmelssignale navigieren. Das Projekt ist geeignet, Untersuchungen der neuronalen Mechanismen saisonal wandernder Wirbeltiere zu stimulieren, die sich auf einen Sonnen- und Himmelskompass verlassen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung