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Kunst und Haushalt im Paläolithikum: Psychologie im häuslichen Alltag vor 16.000 Jahren in Gönnersdorf (Rheinland) und Oelknitz (Thüringen)
Antragstellerin
Professorin Dr. Sabine Gaudzinski-Windheuser
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 448417265
Wie nutzten Menschen ihren unmittelbaren Lebensraum in der Altsteinzeit? Wirkten Alltagsroutinen auf Schaffen und Funktion von Kunst und welche Aussagen können wir über den häuslichen Alltag treffen? Dazu werden Aktivitätszonen um Herdstellen inner- und außerhalb von Zeltstrukturen an den 16.000 Jahre alten Plätzen Gönnersdorf und Oelknitz (D) mit Methoden der Wahrnehmungspsychologie befragt. Hier sind flache und eingetiefte von Geröllen und Gesteinsplatten überdeckte Herdstellen überliefert, wie sie auch aus Frankreichs und der Schweiz bekannt sind. In Gönnersdorf tragen 406 Gesteine Gravierungen der wichtigsten Beutetiere (Pferd, Rentier und Wildrind) und stilisierter Frauen-Figuren. Aus Oelknitz stammen nur zwei gravierte Platten. An beiden Plätzen erlauben strukturierte, Wandstellungen anzeigende Abfallzonen, Gruben und Beschwersteine die Rekonstruktion unterschiedlicher Zeltstrukturen. Zusammenpassungen an Steingeräten und Schlachtabfälle zeigen Aktivitätszonen und die Verbindungen zwischen Innen- und Außenraum an. Ausgrabungen und Archivierung von hoher Qualität dokumentieren die außergewöhnlich gute Erhaltung beider Plätze und erschließen eine umfassende Datenbasis, die für das Projekt zur Verfügung steht.Die Arbeitsgruppe setzt sich aus Fachleuten zusammen, die mit beiden Fundstellen vertraut sind, dem Labor für Spurenforschung (MONREPOS, D) sowie einem Altsteinzeit-Archäologen und einem Wahrnehmungs- und Handlungspsychologen, die die formale Methodenentwicklung für die psychologische Untersuchung zur frühesten Kunst gemeinsam vornehmen (Durham, UK). Dazu ist die Einbindung einer UK PD geplant, die das Feld der Wahrnehmungspaläopsychologie in einem gemeinsamen Dissertationsprojekt entwickelt hat sowie einem/er deutschen PD, der/die die traceologischen Analysen im Rahmen der fünf Arbeitspakete durchführen und umsetzen wird.Wir werden experimentelle (physische) und VR simulierende Rekonstruktionen der Herdstellen mit ihren umliegenden Aktivitäten mit unterschiedlichen Lichtquellen (Tageslicht, artifizielles Licht) vornehmen. Körper- und Blickregistrierung jedes/er Teilnehmer/in dienen Bewegungsbeschreibungen häuslicher Tätigkeiten, zu denen die Installation, das Reinigen und die Inbetriebnahme von Herdstellen gehören, die Werkzeugherstellung, ihre Instandsetzung und das Gravieren. Komparative traceologische Analysen an Gesteinsplatten mit experimentell hergestellten und originalen Gravierungen werden Aussagen über die Entstehung der Kunst erlauben. Die daraus abgeleiteten biomechanischen und visuellen Charakteristiken zeigen, wie der beschränkte Raum im Zeltinneren Aktivitäten bestimmt/beschränkt und wie dies im Außenraum differiert. So lassen sich Biomechaniken von Routinehandlungen beschreiben. Sie bilden die Basis zu Aussagen darüber, wie aus diesen Routinehandlungen „häusliche“ Kunst erwuchs, ob Sichtigkeit das Wesen der frühen Gravierungen beeinflusst hat und wie diese Kunst in die unmittelbare Umwelt eingebunden war.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Großbritannien
Kooperationspartner
Professor Dr. Robert William Kentridge; Professor Dr. Paul Pettitt
Mitverantwortlich
Dr. Olaf Jöris