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Sprachliche Praktiken der Raumkonstruktion in einem transnationalen Kontext: Soziale Differenzierung und Agency in den "bateyes" der Dominikanischen Republik
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Silke Jansen; Dr. Stefan Kordel
Fachliche Zuordnung
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Humangeographie
Humangeographie
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 443070760
Zwei Nationalstaaten, Haiti und die Dominikanische Republik, teilen sich aktuell das Territorium der Insel Hispaniola. Das vorherrschende Narrativ konstruiert "die" dominikanische nationale Identität in Abgrenzung zu Haiti auf der Grundlage von Unterschieden in Sprache, Hautfarbe und Religion. Seit dem 19. Jh. besteht die Idee, dass die Verteidigung der Nationalsprache gleichbedeutend mit der Verteidigung des nationalen Territoriums ist (und umgekehrt), im Zentrum metasprachlicher Diskurse und Sprachpolitiken. Sie ist auch in aktuellen Debatten über Migration allgegenwärtig, welche in der dominikanischen Politik und Gesellschaft hochkontrovers geführt werden. Das komplexe und konfliktive Zusammenspiel von Sprache, Raum und der Konstruktion nationaler Identität zeigt sich am Beispiel der Bateyes in zugespitzter Form. Dies sind ländliche Siedlungen, die zu Beginn des 20. Jh. für die vorübergehende Unterbringung von vorwiegend aus Haiti stammenden Arbeitern in der Zuckerproduktion gegründet wurden. Seitdem haben die Bateyes hochgradig dynamische Formen transnationaler Mobilität in einem ländlichen Kontext aufrechterhalten.Die Studie begreift die Bateyes als Mikrokosmen, in denen das Zusammenspiel von Sprache und Raumkonstruktion in Migrationskontexten analysiert werden kann. Dabei stehen so genannte „spatio-linguistic practices“ (SLP) im Mittelpunkt, ein Konzept, das die Antragsteller für jegliche Art von sprachbezogenen Praktiken vorschlagen, mit denen Menschen Raum herstellen und aushandeln oder sich im (sozialen und geographischen) Raum positionieren. In einem interdisziplinären Ansatz, der Soziolinguistik und Humangeographie zusammenbringt, werden folgende Fragen bearbeitet:1. Welche SLP lassen sich unter den Bewohnern der Bateyes identifizieren?2. Wie nehmen die Batey-Bewohner über SLP soziale Differenzierungen vor?3. Welche Bezüge lassen sich zwischen SLP, der Konstruktion von Räumen und der Akkumulation von Agency herstellen?Das Projekt zielt darauf ab, durch die Zusammenarbeit von Soziolinguistik und Humangeographie neuartige Methoden für die Erforschung von Sprache und Raum im Kontext von transnationalen Mobilitäten zu entwickeln. Die SLP werden über biographische Narrative dokumentiert, die in semi-strukturierten Interviews mit Hilfe eines Zeitleisten-Tools sowie eines Tools zur sozialen und räumlichen Kartierung erhoben werden. Zusätzlich werden sozio-linguistische Fragebögen eingesetzt. Die Interviews werden transkribiert und unter einem interpretativen Paradigma analysiert, mit einem besonderen Fokus auf der räumlichen und sozialen Deixis, der indexikalische Verwendung von Sprachen und Sprachvariablen, sowie diskursiven Konstruktionen und Repräsentationen des (trans)nationalen Raums. Ausgehend von den Bateyes als Labor für Transnationalismus in ländlichen Kontexten soll die Studie der interdisziplinären Forschung zu Migration, Raum und Sprache innovative Impulse verleihen und insbesondere die Stimme der Bewohner hörbar machen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen