Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Sekten im Russischen Imperium (1833-1917)

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2020 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 442920407
 
Gegenstand des Projektes ist der religiöse Dissens, der sich im Glauben und in den Alltagspraktiken der religiösen Gemeinschaften (Sekten) der Skopcy und Molokane zum Ausdruck brachte. oder ein spezifisch regionales Problem (Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche) sind. Den Gegenstand des Projektes bilden dagegen Sekten, die sich von der russischen Orthodoxie abgespalten und die „angeborene“ orthodoxe Religiosität der Russen in Frage gestellt haben, und für die somit die religiöse Toleranz (anders als für die „ausländischen Konfessionen“) nicht galt. Das Projekt beginnt seinen Untersuchungszeitraum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und geht von einem engen Wechselverhältnis von sozialem Wandel und religiösem Pluralismus aus. Dabei verfolgt es die Entwicklung der „Sekten“ vor dem Hintergrund des sozialen Wandels, der beschleunigt seit den 1860er Jahren einsetzte (Industrialisierung, Rechtsreformen, Aufhebung der Leibeigenschaft, Urbanisierung, Prozesse des Nation Building). Das Jahr 1917 dient als Ende, da die Oktoberrevolution die Situation aller Religionsgemeinschaften in Russland in einen neuen sozialpolitischen Kontext gesetzt hat. „Sekten“ verstießen gegen die sozial-politische Ordnung in zweierlei Hinsicht: gegen das Dogma und den Autoritätsanspruch der Amtskirche und gegen den Staat und seine auch auf die orthodoxe Religion gründende Autorität. Sie bildeten nicht so sehr theologische Dogmen, als vielmehr abweichende Frömmigkeitsformen mit sehr unterschiedlichen Verhaltensregeln aus, die konkrete Auswirkungen auf ihre Lebens- und Arbeitswelt, aber auch auf ihre Nachbarschaft hatten. Die Frömmigkeitspraktiken der einzelnen „Sekten“ sollen daher nicht isoliert betrachtet, sondern als historische Phänomene in ihren sozialen und geographischen Räumen rekonstruiert und miteinander verglichen werden, um Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen dem Aufblühen der Sekten und den Modernisierungsprozessen im russischen Zarenreich zu klären und zum besseren Verständnis der Gesellschaftsbildungsprozesse in Russland vor der Revolution beizutragen. Das Projekt stützt sich auf publizierte und archivalische Quellen in Sankt Petersburg, Moskau und in russischen Regionalarchiven.Das Projekt versteht sich als eine Sozialgeschichte der abweichenden Religiosität und orientiert sich methodisch an den neusten Zugängen der Forschung zu christlicher religiöser Devianz.Das Ziel des beantragten Forschungsstipendiums ist die für das Projekt unerlässliche Recherche in Archiven in Moskau (Staatsarchiv der Russischen Föderation – GARF; Russisches Staatsarchiv Alter Akten – RGADA) im Staatsarchiv Orel (GAOO), im Haus der Völkerfreundschaft (Dom Družby Narodov) in Jakutsk, sowie die Anknüpfung oder Vertiefung der persönlichen wissenschaftlichen Kontakte mit einschlägigen russischen Experten.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug Russische Föderation
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung