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Zwischen Patronage und sozialer Mobilität: Die MaklerInnen der arbeitenden Armen im spätmittelalterlichen Rheinland
Antragstellerin
Dr. Julia Exarchos
Fachliche Zuordnung
Mittelalterliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 439956137
Die Erforschung der unteren gesellschaftlichen Schichten im Mittelalter konzentrierte sich lange auf die arbeitslosen Armen wie Bettler oder weitere soziale Randgruppen sowie auf die Armutsbekämpfung, vornehmlich in Form der Armenfürsorge. Ein Großteil der Armen im Mittelalter ging jedoch einer Arbeit nach, wenngleich diese Tätigkeiten nicht ausreichten, um sich dauerhaft und zuverlässig eine Existenz jenseits der Armut aufzubauen. Die arbeitenden Armen genauso wie andere Mitglieder der Gesellschaft nutzten die sozialen Strukturen ihrer Gemeinschaften, sie hatten Kontaktpersonen und Netzwerke, an die sie sich wenden konnten, um an Arbeit, Kredite, Händler und Waren zu kommen oder Zugang zu Institutionen zu erhalten. Obwohl in der Forschung auf die Wichtigkeit solcher Kontaktpersonen zur Erforschung der arbeitenden Armen und auch des gesamten spätmittelalterlichen Wirtschaftslebens hingewiesen wurde, gibt es bisher keine umfassende Grundlagenstudie zu diesen Maklern bzw. Maklerinnen der arbeitenden Armen im Spätmittelalter. Das Projekt wird diese Forschungslücke schließen und die Mittelspersonen, die als Schaltstelle zwischen arbeitenden Armen und Obrigkeit, Händlern, Arbeit, Krediten oder Waren fungierten, in den Fokus rücken und ihrer Bedeutung für das Funktionieren des „Wirtschaftsraumes Stadt“ nachgehen. Solche Mittlerpersonen agierten in verschiedenen Bereichen, im Handel (z.B. Unterkäufer), in der Arbeitsvermittlung (z.B. GesindezubringerInnen, Knechtz-Makeler, teilweise Werkmeister), bei Institutionen (z.B. Torwächter oder Stadtknechte) oder bei Pfändungen (z.B. die Taxatorinnen, die sogenannten Keufferschen). Anhand der drei Städte Köln, Aachen und Essen sollen diese MittlerInnen und ihre Geschäftsmodelle vom 14. bis 16. Jahrhundert untersucht werden. Im Zentrum steht dabei eine personenbezogene Untersuchung der MaklerInnen und ihres Milieus. Zudem sollen mögliche Abhängigkeitsverhältnisse bzw. Patronage-Netzwerke, die zwischen Maklern bzw. Maklerinnen und ihren Kunden bzw. Kundinnen bestanden, analysiert und der Beitrag der MittlerInnen zur sozialen Mobilität beleuchtet werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt wird eine genderspezifische Untersuchung der Maklerinnen und ihrer spezifischen Geschäftsmodelle sein. Die Arbeit wird somit zu einem besseren Verständnis der Strukturen beitragen, in denen sich die spätmittelalterlichen „working poor“ bewegten, und ein neues Licht auf das Wirtschaften der unteren Schichten in spätmittelalterlichen Kontexten werfen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen