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Die Sozialdemokratie und die postkoloniale Ordnung der Welt
Antragsteller
Professor Dr. Jan Eckel
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 439625369
In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren übernahmen sieben sozialdemokratische Parteien Regierungsverantwortung in Europa, die allesamt ambitionierte außenpolitische Programme entwickelten. Sie formulierten erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine sozialdemokratische Außenpolitik, die zudem mit der lange vorherrschenden außenpolitischen Orientierung ihrer Länder brach. Damit reagierten sie zum einen auf eine Weltlage, die in raschem Wandel begriffen erschien: Die Entspannungspolitik schien sich durchzusetzen, weltweit wurde eine wachsende internationale »Interdependenz« diagnostiziert, das Bretton Woods-System löste sich auf und die Dekolonisierung hatte viele neue Staaten hervorgebracht, die sich erstmals als einflussreiche Akteure auf der internationalen Bühne formierten. Zum anderen wollten die sozialdemokratischen Regierungen den wahrgenommenen Moment des Umbruchs nutzen, um die Weltordnung in ihrem Sinne zu prägen. Ein besonders wichtiges Projekt stellte in ihren Augen dabei die Politik gegenüber den Ländern des globalen Südens dar.Die Studie fragt danach, wie die Regierungen in den 1970er und 1980er Jahren sozialdemokratische Außenpolitik neu gestalteten, indem sie sich mit den Problemen der entstehenden postkolonialen Ordnung auseinandersetzten. Dafür nimmt es drei Regierungen und zwei Themenbereiche der Nord-Süd-Politik in den Blick. Es analysiert die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland, der Niederlande und Schwedens von 1969 bis in die frühen 1980er Jahre anhand der Diskussionen über eine Neue Weltwirtschaftsordnung und der Politik gegenüber dem südlichen Afrika. Beide Politikfelder galten zeitgenössisch als wegweisend für die Zukunft sowohl der Sozialdemokratie als auch der internationalen Politik. Das Projekt untersucht den sozialdemokratischen Umgang mit beiden Komplexen auf die Genese der neuen außenpolitischen Ideen, die Umsetzung dieser Ideen in Regierungshandeln sowie die Folgen dieser Politik.Auf diese Weise verbindet die Studie die Geschichte der Sozialdemokratie mit der Geschichte der zeitgenössisch so genannten Nord-Süd-Beziehungen. Sie verspricht übergreifende Erkenntnisse auf drei Ebenen: Erstens untersucht sie mit der Sozialdemokratie einen maßgeblichen, aber kaum erforschten Akteur in der internationalen Politik dieser Zeit und gleichzeitig mit der Außenpolitik einen Politikbereich, der in der Geschichte der Sozialdemokratie bisher wenig beachtet wurde. Zweitens trägt sie zur Erklärung der Transformation der internationalen Ordnung in den 1970er und 1980er Jahren bei. Drittens differenziert die Arbeit das Verständnis der 1970er und 1980er Jahre. In der Zeitgeschichte gelten diese als »Beginn der Gegenwart«, wobei die Zukunftserwartungen der Zeitgenossen und mögliche alternative Entwicklungslinien bislang zu kurz gekommen sind.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen