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(Wann) Ist der Rückschaufehler ein Nebenprodukt von Lernprozessen?
Antragstellerinnen / Antragsteller
Dr. Julia Groß; Professor Dr. Thorsten Pachur
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 438517682
Wenn wir über den Ausgang von Ereignissen oder über zuvor unbekannte Fakten informiert werden, fällt es uns häufig schwer, unseren früheren (uninformierten) Kenntnisstand richtig einzuschätzen. Rückblickend überschätzen wir oft, was wir vorher gewusst haben. Dieser Rückschaufehler ist ein robustes Phänomen und Gegenstand zahlreicher empirischer Untersuchungen sowie Überblicksartikel und Metaanalysen (z.B. Christensen-Szalanski & Willham, 1991; Groß & Pachur, 2019; Hawkins & Hastie, 1990). Zur Erklärung des Rückschaufehlers sind verschiedene Ansätze vorgeschlagen worden (einen Überblick geben z.B. Blank, Musch, & Pohl, 2007 und Roese & Vohs, 2012). Die meisten dieser Ansätze betrachten den Rückschaufehler als ein Resultat verzerrter Informationsverarbeitung (d.h. als kognitive Täuschung). Mit dem vorliegenden Forschungsantrag möchten wir prüfen, ob der Rückschaufehler auch ein Nebenprodukt adaptiver Lernprozesse sein könnte (Hoffrage, Hertwig, & Gigerenzer, 2000). Wir betrachten dabei numerische Schätzaufgaben, die zu den häufigsten Aufgabentypen in der Forschung zum Rückschaufehler gehören. Um die Rolle adaptiver Lernprozesse beim Rückschaufehler zu untersuchen, schlagen wir einen integrativen konzeptuellen Rahmen vor, der experimentelle Paradigmen zur Untersuchung des Rückschaufehlers mit der Forschung zu Seedingeffekten (Brown & Siegler, 1993; 1996) verbindet, d.h. Lernprozesse im Kontext von alltagsnahen Schätzungen. Aufbauend auf diesem konzeptuellen Rahmen entwickeln wir ein neues Paradigma, mit dem im selben experimentellen Kontext auf der Personenebene sowohl der Rückschaufehler also auch Seedingeffekte bei numerischen Schätzungen gemessen werden können. Außerdem kontrastieren wir Lernprozesse als einen möglichen Mechanismus des Rückschaufehlers mit einem alternativen Mechanismus—Verankerung-und-Anpassung—und untersuchen Randbedingungen, die den relativen Beitrag der beiden Mechanismen beeinflussen. Die Untersuchung der dem Rückschaufehler zugrundeliegenden Mechanismen soll nicht nur über die mögliche Adaptivität des Phänomens Aufschluss geben, sondern auch beitragen zu verstehen, wie verschiedene Urteilsmodelle und Verhaltensphänomene in der Literatur zu Urteils- und Entscheidungsprozessen zusammenhängen (d.h. Theorieintegration).
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Großbritannien
Kooperationspartner
Privatdozent Dr. Hartmut Blank