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Verstärkte Wahrnehmungs-Handlungs-Verknüpfung durch verkörperte Kognition: Wie der menschliche Körper die gleichzeitige Ausführung zweier Aufgaben in grundlagen- und anwendungsorientierten Aufgabenkontexten verbessert.
Antragsteller
Professor Dr. Rico Fischer; Professor Dr. Roman Liepelt
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 437736663
Ziel des Projektes ist es, grundlagenorientierte und kognitionspsychologische Doppelaufgabenforschung mit aktuellen Herausforderungen angewandter Multitasking-Situationen zu verbinden. In der kognitionspsychologischen Forschung wird zunehmend die Annahme vertreten, dass Handlungen einen direkten Einfluss auf Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsprozesse ausüben (Embodied cognition). Derartige Handlungs-Wahrnehmungs Interaktionen sind besonders relevant bei komplexen kognitiven Aufgaben, bei denen mehrere Reize gleichzeitig bearbeitet werden und der visuell-manuelle Interaktionsfokus in ein gemeinsames Aufmerksamkeitsfeld gebündelt wird (z.B. Kontrolle von Aufgaben über Touchscreen). In eigenen Befunden zeigen wir, dass eine direkte Nähe der Hände zu visuellen Reizen die Leistung in Doppelaufgaben verbessern kann. So zeigte sich eine stärkere Abschirmung der priorisierten Aufgabe vor der Interferenz einer zweiten störenden Aufgabe (reduzierter Crosstalk), wenn sich die Reaktionshände nahe anstatt fern von den visuellen Reizen befanden. Diese Befunde sind ein erster wichtiger Schritt, da sie Möglichkeiten eröffnen, wie die Gestaltung einer visuell-manuellen Interaktion, die gleichzeitige Bearbeitung von mehreren Aufgaben optimieren können. Gleichzeitig sind die kognitiven Mechanismen, die diesem Verarbeitungsvorteil der Handnähe unterliegen noch weitestgehend ungeklärt. Bisherige theoretische Ansätze zu den Mechanismen dieser Handlungs-Wahrnehmungs Interaktion sind nicht eins zu eins auf Doppelaufgaben zu übertragen, da mehrere visuelle Reize (S1 und S2) mit dazugehörigen manuellen Reaktionen (R1 und R2) aufgabenspezifisch gekoppelt werden. Wir vermuten, dass die Nähe einer Reaktionshand (R1) zu dem dazugehörigen Stimulus (S1) die Wahrnehmungs-Handlungs Verknüpfung verbessert (S1-R1 Bindung) und somit eine konzeptuelle Separierung beider Aufgaben verstärkt. Dies reduziert unerwünschte Informationsübertragung (Crosstalk) zwischen beiden Aufgaben. Das Ziel des Projektes ist es, diese Annahme in drei Arbeitspaketen zu testen und zu erweitern. Es werden unterschiedliche Arten von Interferenz in Doppelaufgaben untersucht, die Mechanismen der Interferenzreduktion spezifiziert, sowie im weiteren Verlauf des Projektes Fragen der Modalitätsspezifität und Transfer zu anwendungsorientierten Doppelaufgabenszenarien betrachtet Zudem wird die Interferenzkontrolle in dynamischen Doppelaufgabensituationen untersucht, bei welchen manuelle Touch-Pad Reaktionen als auch dynamische Bewegungen ausgeführt werden. Der vorliegende Ansatz der Handlungs-Wahrnehmungs Interaktion bei Doppelaufgaben, wird nicht nur wichtige theoretische Erkenntnisse liefern, wie die räumliche Nähe zwischen Reiz und Reaktion Doppelaufgabenkosten reduzieren kann. Die in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse versprechen auch einen wichtigen Wissenstransfer in den Bereich der angewandten Kognitionswissenschaften. Sie bieten ein neues Verständnis moderner Mensch-Technik Interaktionen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen