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Retrospektive Urteile zu Gesundheit und Lebensqualität bei Patienten und in der Allgemeinbevölkerung: Response shift und Recall bias

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2019 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 433135196
 
Gesundheitsbezogene Lebensqualität (LQ) ist zu einem wichtigen Outcome-Kriterium in klinischer Praxis und Forschung geworden. Veränderungen der LQ als Beleg für den Nutzen therapeutischen Maßnahme werden häufig als Differenz zwischen einem Post-Wert und einem Prä-Wert berechnet. Dabei tritt das Problem auf, das sich die Bewertungsmaßstäbe geändert haben können. Eine Möglichkeit zur Analyse und Korrektur dieses Response-shift-Effekts stellt der Thentest dar. Dabei werden die Probanden zum Post-Zeitpunkt gebeten, die Situation zum Prä-Zeitpunkt retrospektiv einzuschätzen. Aus der Differenz zwischen dem ursprünglichen Prä-Test und dem Thentest wird dann auf solche Response-Shift-Effekte geschlossen. Es ist jedoch auch möglich, dass es sich dabei Effekte von Recall bias handelt, das heißt, dass die Erinnerung systematisch höhere oder niedrigere Niveaus der damaligen LQ gespeichert hat. Während in der Literatur verschiedene Erklärungsansätze für solche Effekte genannt werden, bleibt unklar, wie diese empirisch zu trennen sind. Ein Zugang zur Analyse solcher Effekte besteht darin, Patienten nach der Einschätzung ihrer LQ vor Beginn der Erkrankung zu befragen. Studien aus der Literatur belegen, dass diese retrospektiven Urteile generell eine bessere LQ abbilden als die aktuellen Urteile der Allgemeinbevölkerung. Die diesbezüglichen Studien gründen sich zumeist auf Personen, die einen Unfall erlitten haben; entsprechende Studien an anderen Patientenkollektiven sind vergleichsweise spärlich. Außerdem bleibt unklar, ob es sich dabei um eine generelle Besserbewertung der Vergangenheit im Sinne des Recall bias handelt oder um eine Verschiebung des Beurteilungsmaßstabs aufgrund der Erkrankung. Weiterhin ist die Befundlage zu spezifischen Bedingungen für das Auftreten der Response-Shift-Effekte uneinheitlich. Im beantragten Projekt soll zunächst anhand einer umfangreichen Stichprobe der Allgemeinbevölkerung (n > 2000) analysiert werden, inwieweit retrospektive Urteile zur subjektiven Gesundheit die damalige Einschätzung systematisch über- oder untersteigen. Anhand von vier klinischen Stichproben (Krebspatienten und Patienten der kardiologischen Reha, n jeweils rund 300) werden die retrospektiven LQ-Urteile (Bewertung der Situation vor der Erkrankung) mit denjenigen Werten verglichen, welche durch die Allgemeinbevölkerung abgegeben werden. Geprüft wird, ob sich die systematische Überschätzung der retrospektiv eingeschätzten Lebensqualität nachweisen lässt, ob und in welchem Maß sie die Retrospektionseffekte der Allgemeinbevölkerung übersteigt, und welche (soziodemografischen und klinischen) Bedingungen für die Ausprägung solcher Effekte verantwortlich sind. Die empirischen Daten dazu sind bereits vorhanden; sie wurden im Zusammenhang mit drei anderen Projekten mit erhoben, aber bisher noch nicht ausgewertet. Beantragt werden daher keine Mittel zur Datengewinnung, sondern nur zur Analyse der vorhandenen Daten und zu deren Publikation.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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