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Wie koordiniert der Thalamus die Festigung verteilter Erinnerungen im Schlaf?
Antragsteller
Dr. Jens Klinzing
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2019 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430174808
Erinnerungen sind über eine Vielzahl von Hirnarealen hinweg verteilt. Für autobiographische Erinnerungen betrifft dies beispielsweise Regionen des Neokortex und Hippocampus. Jede dieser Regionen ist dabei für einen anderen Aspekt einer Erfahrung zuständig. Direkt nach ihrer Entstehung sind Erinnerungen im Gehirn noch sehr fragil und nur wenige überdauern die Zeit. Damit eine Erinnerung Teil unseres Langzeitgedächtnisses werden kann, müssen die beteiligten Hirnareale ihre jeweiligen Beiträge zu dieser Erinnerung im Schlaf reaktiveren. Geschieht dies mehrfach und zeitlich abgestimmt, sind langfristige synaptische Veränderungen im gesamten Netzwerk die Folge, was zur Festigung der Erinnerung führt. Die Mechanismen, die dieses präzise Zusammenspiel verschiedener Hirnareale koordinieren, sind noch nicht gut verstanden. Eine subkortikale Hirnregion, die im Wachzustand andere Areale flexibel miteinander verbindet, der Thalamus, ist offenbar auch im Schlaf an der Organisation von Hirnaktivität beteiligt. Trotzdem ist seine Bedeutung für die Verarbeitung von Erinnerungen noch weitgehend ungeklärt. Da der Thalamus eine tiefgelegene Struktur darstellt, ist er unerreichbar für nicht-invasive Methoden zur Messung elektrophysiologischer Hirnaktivität. Das hier vorgeschlagene Projekt zielt daher darauf ab, die Rolle des Thalamus in der Festigung neuer Erinnerungen mit Aufnahmen an nicht-humanen Primaten zu ergründen. Hierfür sollen Makaken in einer Lernaufgabe trainiert werden. Dabei werden wir neuronale Feuermuster und Oszillationen in einem gut beschriebenen und weit verteilten neuronalen Netzwerk aufzeichnen. Dieses Netzwerk, das den Thalamus einschließt, wird bekannterweise durch die trainierte Aufgabe und die Bildung neuer Erinnerungen beansprucht. Durch die Aufnahmen werden wir nachvollziehen können, wie Nervenzellen miteinander über Areale hinweg interagieren, um neu erlernte Informationen zu repräsentieren. Anschließend setzen wir die Aufnahmen fort, während das Tier die Möglichkeit zum Einschlafen bekommt. Auf diese Weise möchten wir feststellen, wie Lernen die Aktivität des Netzwerks im Schlaf beeinflusst. Basierend auf früheren Forschungsarbeiten sagen wir voraus, dass thalamische Nervenzellen im Schlaf die Aktivität anderer lernbeteiligter Hirnareale zeitlich strukturieren. Wir erwarten weiterhin, dass diese thalamische Koordinierung im Schlaf eng mit der anschließenden Gedächtnisleistung des Tieres im Zusammenhang steht. Das beschriebene Projekt ist darauf ausgelegt, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie neuronale Netzwerke im Schlaf langfristig stabile Erinnerungen aufbauen. Da wir unsere Erkenntnisse mit neokortikalen Oszillationen in Verbindung bringen, die im Unterschied zum Thalamus auch nicht-invasiv gemessen werden können, erwarten wir, dass das Projekt einen Beitrag zu künftiger Forschung am Menschen leisten wird.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
USA
Gastgeberin
Professorin Dr. Sabine Kastner