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Der Einfluss von Netzwerkarchitektur auf Evolvierbarkeit und Robustheit: Ein Vergleich der Gesangserkennungsnetzwerke von Grillen und Feldheuschrecken

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430158535
 
Verhalten ist hochdivers, selbst bei eng verwandten Arten. Z.B. sind Paarungsgesänge artspezifisch und divergieren während der Bildung neuer Arten, um die Artentrennung aufrechtzuerhalten. Die neuronalen Netze, die diese Gesänge erkennen, sind also hochgradig evolvierbar. Gleichzeitig muss Gesangserkennung robust gegenüber Umweltrauschen und genetischen Mutationen sein, die Netzwerkparameter stören. Die gleichzeitige Robustheit und Evolvierbarkeit (E&R) neuronaler Netze scheint im Widerspruch zu stehen: Evolvierbarkeit bedeutet eine plastische Antwort auf Störungen, während Robustheit eine kompensatorische Antwort auf Störungen ist. Studien in genregulatorischen Netzwerken haben jedoch gezeigt, dass E&R durch Netzwerkeigenschaften in hochdimensionalen und nichtlinearen Parameterräumen koexistieren können. Wir schlagen daher vor, die E&R von Gesangserkennung nicht mittels menschlich definierter Gesangsmerkmale zu untersuchen, sondern auf der Ebene des Parameterraums der sensorischen Erkennungsnetzwerke selbst. Wir werden die E&R der Gesangserkennung in zwei Insektengruppen vergleichen – Heuschrecken und Grillen. Beide Gruppen produzieren Pulsgesänge, erkennen diese Gesänge jedoch mittels unterschiedlicher Netzwerkarchitekturen. Grashüpfer verfügen über eine parallele Netzwerkarchitektur: Ein peripheres Netzwerk erzeugt eine hochdimensionale Darstellung von Gesangsmerkmalen in über 20 Neuronen. Jede Art erkennt ihren Gesang, indem einzelne Gesangsmerkmale im Gehirn artspezifisch kombiniert werden. E&R wird hier wahrscheinlich durch Redundanz im hochdimensionalen Merkmalsraum erreicht. Im Gegensatz dazu erkennen Grillen Gesänge anhand einer seriellen Architektur: Fünf Neurone erkennen den arteigenen Gesang durch aneinander gereihte nichtlineare zeitliche Berechnungen im Gehirn. Die geringe Größe des Netzwerks verhindert Redundanz auf Ebene von Neuronen oder Gesangsmerkmalen. E&R entstehen jedoch wahrscheinlich durch einen nichtlinearen und hochdimensionalen Parameterraum. Basierend auf bestehenden und physiologisch plausiblen Modellen der Gesangserkennungsnetzwerke bei Grillen und Heuschrecken werden wir testen, ob und durch welche Eigenschaften diese Netzwerke robust und evolvierbar sind. Dazu werden wir E&R in beiden Netzwerken mittels von Sensitivitätsanalysen quantifizieren. Anschließend werden wir untersuchen, wie die Netzwerkstruktur phänotypische Übergänge und Diversität beeinflusst. Abschließend werden wir die Grenzen der phänotypischen Flexibilität erkunden, indem wir testen, inwieweit jedes Netzwerk die Gesänge der anderen Artengruppe unterscheiden kann. Dies wird zeigen, inwieweit Unterschiede im Gesang – Grillen produzieren einfache, unmodulierte Gesangspulse, während Heuschrecken komplexe, modulierte Pulse erzeugen – durch Limitierungen des Erkennungsmechanismus in den beiden Artengruppen erklärt werden können.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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