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Das Buch der Briefe der Hildegard von Bingen Genese – Struktur – Komposition
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Mechthild Dreyer; Professor Dr. Andreas Kuczera; Professor Dr. Thomas Stäcker
Fachliche Zuordnung
Katholische Theologie
Förderung
Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429863245
Die Briefe der Benediktinerin und Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 – 1179) sind in komplexer Überlieferung erhalten. Eine besondere Stellung nimmt der sogenannte Riesenkodex (Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain Hs 2) ein, der ein zu einem theologischen Werk komponiertes Buch der Briefe (Liber epistolarum) bietet. Dem aktuellen Forschungsstand zufolge kommt dieser Fassung der Briefsammlung aus zwei Gründen eine herausragende Position zu. Zum einen wird der Liber epistolarum in der mittelalterlich-neuzeitlichen Hildegard-Rezeption als ein den Visionsschriften gleichrangiges Werk angesehen. Zum anderen gilt er als Ausgabe letzter Hand, ist er doch zu Hildegards Lebzeiten entsprechend ihren Vorstellungen von ihren Mitarbeitern aus dem Gesamt ihrer Briefe gestaltet worden. Das vorliegende Forschungsvorhaben wird dieses Werk zum ersten Mal in einer Edition präsentieren. Anders als die vorhandene kritische Edition der Briefe Hildegards von van Acker/Klaes (1993-2001), die auf eine Rekonstruktion der tatsächlich erfolgten Korrespondenz abzielt, dabei aber die Überlieferungsstufen vermischt, konzentriert sich das vorliegende Projekt mit dem Liber epistolarum des Riesenkodex auf die letzte und zugleich von Hildegard autorisierte Gestalt der Überlieferung ihrer Briefe. Infolgedessen werden die einzelnen Briefe dieser Sammlung als Teile einer theologisch-literarischen Komposition gewichtet und nicht als Zeugen eines Briefwechsels, der sich historisch ereignet hat.Die Herausgabe des Liber epistolarum ist als digitale angelegt und wird zudem auch in Buchform gedruckt erscheinen. Das Vorhaben wird durch eine entwicklungsgeschichtliche Analyse der Briefe ergänzt. In ihr wird der Prozess der Textgenese der einzelnen Briefe von der ältesten Fassung bis hin zu ihrer Gestalt im Liber epistolarum auf der Grundlage der projektrelevanten Handschriften im Graph modelliert. Die komplexe, netzwerkartige Überlieferungssituation der Briefe Hildegards wird mit Hilfe dieses Graphmodells erschlossen. Untersuchungen des Überlieferungsnetzwerkes können durch inhaltliche Kriterien ergänzt werden, da die Brieftexte mit Hilfe eines standoff-basierten Editors im Graphmodell integriert werden, wobei die inhaltliche Erschließung sich der TEI-Semantik bedient. Digitale Edition und graph-modellierte Analyse werden im Kontext einer Langzeitarchivierung auf einer Web-Plattform so zugänglich gemacht, dass sie sowohl den Analyse-, Recherche- und Publikationsbedürfnissen der Edierenden als auch der Fachcommunity Rechnung tragen. Der Zugang zu den Digitalisaten der Handschriften erfolgt über eine facettierte Suchmaske und graphbasierte Explorations-Interfaces. Für die Publikation der Inhalte werden entsprechende Routinen vorgehalten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen