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Die exempla der Handschrift AM 657 a-b 4°. Studien zur kulturhistorischen Kontextualisierung kurzer Prosaerzählungen im spätmittelalterlichen Island

Antragsteller Dr. Mathias Kruse
Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung von 2019 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429838085
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die aus kodikologischer und philologischer Sicht in den Blick genommene Handschrift AM 657 a–b 4° entstand im 14. Jahrhundert vermutlich in einem der Klöster im Norden Islands und enthält mit etwa 80 teils nur fragmentarisch erhaltenen Erzählungen auf 100 Pergementblättern die älteste volkssprachige Exempelsammlung Skandinaviens, zu der mit der Jón Halldórsson (gest. 1339) zugeschriebenen Kláruss saga, einer Brautwerbungserzählung, und der von Bergr Sokkason (gest. um 1350) verfassten Mikjáls saga, einer Darstellung des Wirkens des Hl. Michael, auch längere Erzählungen gehören. Eine im Rahmen der Projektdurchführung erstellte Monografie zu Gestalt und Inhalt der Handschrift umfasst eine komplette Neuedition, eine kodikologische, paläografische, orthografische und stilistische Analyse, eine (noch in Vorbereitung befindliche) Untersuchung zur Textgenese und ein umfangreiches Repertorium mit Einträgen zu den enthaltenen Erzählungen inklusive Inhaltsangabe, Forschungsbericht, Angaben zu möglichen Quellen und Vorlagen, Bibliografie und Verzeichnissen der die Erzählung enthaltenden Handschriften, bisheriger Editionen und Übersetzungen sowie mittelalterlicher Entspechungen und Parallelen. Ist die Gesamtedition als Ergänzung und Korrektur bereits bestehender, teils fehlerhafter Teileditionen zu verstehen, so bietet der Hauptteil der Untersuchung neben einer Darstellung paläografischer und orthografischer Besonderheiten der insgesamt vier an der Erstellung des Codex beteiligten Schreiberhände, zu denen etwa die des Codex Wormianus gehört, neue Erkenntnisse zur Zusammensetzung, Geschichte und Herkunft der Handschrift und zur Frage nach der Zusammengehörigkeit und den Verfassern der enthaltenen Texte. So resultiert die kodikologische Betrachtung der Sammlung unter Berücksichtigung inhaltlicher Aspekte in einer Neuordnung der zu insgesamt 17 Lagen zu vereinenden Überlieferungsfragmente, die in 7 inhaltlich unabhängigen Abschnitten zusammenzustellen sind, während die Tatsache, dass die Rubriken aller Teile einer einzigen Schreiberhand zuzuweisen sind, für deren Zusammengehörigkeit spricht. Neben der Einengung der Datierung der Handschrift auf die Zeit zwischen etwa 1350 und 1380 gelingt mit der Entzifferung einer Marginalie, die Besitzverhältnisse anzeigt und wahrscheinlich auf Þorleifur Grímsson ríki (gest. 1558) verweist, der Nachweis einer Verortung im Eyjafjord. Eine umfangreiche stilistische Untersuchung ergänzt bisherige Versuche der Autorenbestimmung und unterscheidet stilistische Eigenarten Bergr Sokkasons (als Verfasser der Mikjáls saga), des Verfassers der Kláruss saga und der für den Großteil der Kurzerzählungen verantwortlichen Verfasser α und β, deren Identität jeweils unklar bleibt. Da sich bezüglich der den jeweiligen Verfassern bislang zugeschriebenen Texte Korrekturen ergeben, ist die Untersuchung auch über die Betrachtung der Handschrift hinaus von Bedeutung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • »How to Scare Away the Devil. A Frenchman, the Devil, a Jew, and a Cunning Disguise in an Icelandic ævintýr known as Callinius saga«, in: Neglected Approaches, Characters, and Texts in Old-Norse-Icelandic Saga Studies (Münchner Nordistische Studien 50), München, S. 243–271
    Andreas Schmidt ,Daniela Hahn (Hg.)
 
 

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