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Jüdische Buchgeschichte im islamischen Kulturraum
Antragsteller
Professor Dr. Ronny Vollandt
Fachliche Zuordnung
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429042513
Der mittelalterliche islamische Kulturraum umfasste eine Vielzahl von reichen Buchkulturen. Bücher wurden in nie dagewesener Zahl produziert, neue Materialien und Techniken zur Buchherstellung kamen auf, muslimische Herrscher gründeten Bibliotheken, Kalligraphie sowie das Sammeln von Büchern avancierten zu Insignien intellektueller Kultiviertheit.Doch die Buchkultur in der islamisch geprägten Welt wurde nicht nur unter Muslimen gepflegt: auch die religiösen Gemeinschaften, die im Koran so treffend als ahl al-kitāb “Leute des Buches“ bezeichnet wurden, also Juden (und auch Christen), hatten ihren Anteil an der „Revolution des Buches“. Sie brachten eine Vielzahl von Büchern hervor, die nun die Hauptquelle für historische und philologische Untersuchungen zu jüdischer Geistesgeschichte jener Zeit bilden. Wie, wo und von wem diese Handschriften hergestellt wurden, an welchen kulturell-ästhetischen Vorbildern sich ihre Macher orientierten, und in welche ökonomischen und sozialen Kontexte die Produktion eingebettet war, liegt jedoch oft weitgehend im Dunkeln. Diese Lücke zu schließen, macht sich das hier vorgestellte Projekt zur Aufgabe. Es soll eine in ihrer Art noch nie dagewesene, umfassende Untersuchung zu jüdischer Buchkultur in der islamisch geprägten Welt durchgeführt werden, deren Grundlage ein großes Korpus sorgfältig ausgewählter datierter und datierbarer Handschriften bildet, die vom 9. bis zum 13. Jahrhundert in Ägypten und anderen Regionen des Nahen Ostens hergestellt wurden. Hierzu gehören Kodizes, Schriftrollen und rotuli, die nun in den großen Bibliotheken dieser Welt aufbewahrt werden, genauso wie Fragmente aus der Kairoer Geniza und den Firkovitch Sammlungen. Die Bücher sollen unter folgenden Gesichtspunkten untersucht werden: 1. Art der Herstellung: dies beinhaltet u. a. Fragen nach den verwendeten Materialien und Schrifttypen. 2. Produktionskontexte und Lesepraktiken 3. Einfluss muslimischer Buchproduktion auf die jüdische Buchkultur jener Zeit, die sich stark von antiken und spätantiken Modellen entfernteAls Ansatz wählen wir den der „Geschichte des Buches“, der Bücher als Objekte wahrnimmt, die grundlegende Akteure in der Überlieferung von Texten, Techniken und Ideen darstellen. Das Projekt bündelt die Expertise der beiden hier federführenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Buchherstellung von Minderheiten unter islamischer Herrschaft. So wird das Projekt nicht nur Grundlegendes zur Erweiterung unserer Kenntnisstandes der jüdischer Buchkultur in einer ihrer wichtigsten Entwicklungsstadien beitragen, sondern auch ein Gegengewicht zur vorherrschenden Fokussierung von Buchhistorikern auf vormoderne und moderne europäische Geschichte bilden. Am Ende des Projekts soll eine innovative Veröffentlichung stehen, die ein "Paleographisches Vademecum" und „Handbuch zur Geschichte des jüdischen Buchs im islamischen Raum“ mit einem zugänglichen digitalen Online-Repositorium direkter und indirekter Quellen verknüpft.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Großbritannien
Kooperationspartnerin
Professorin Dr. Judith Olszowy-Schlanger