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Reinhold Seeberg in seiner Zeit. Ethik und Historiographie "modern-positiver" Theologie
Antragsteller
Professor Dr. Thomas Kaufmann
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 42594544
Reinhold Seeberg gehört zu den einflussreichsten protestantischen Theologen des frühen 20. Jahrhunderts. Seinem auf den programmatischen Begriff einer modernpositiven Theologie gebrachten Theologiekonzept lag der Anspruch zugrunde, die aus Bekenntnis und Bibel gespeiste Tradition mit den Herausforderungen der naturwissenschaftlich-technischen Moderne auf der Basis idealistischer Gedankenfiguren zu vermitteln. Reinhold Seebergs Theologie wollte in elementarer Weise gegenwartsbezogen und -verantwortet sein; in Bezug auf zentrale ethische Themenbestände im Bereich der Sexualethik oder der Geburtenpolitik, des Staatsund Volkstums, der Rasse und der Eugenik war Reinhold Seebergs ethisches Werk durch eine besondere „Modernität“ hinsichtlich der Rezeption zeitgenössischer außertheologischer bzw. naturwissenschaftlicher Theoreme und weltanschaulicher Ideologeme gekennzeichnet. In dem ersten Teilprojekt soll Seebergs ethisches Werk, ausgehend von den in Kaiserreich, Weimarer Republik und „Drittem Reich erschienenen unterschiedlichen Fassungen seiner Ethik, komparatistisch analysiert und auf die Interaktion zwischen zeitgenössischen gesellschaftspolitischen Diskursen und theologisch-ethischer Theoriebildung hin untersucht werden. Das zweite Teilprojekt beabsichtigt die Edition von Erich Seebergs Biographie seines Vaters. Dem Anspruch der „Zeitgemäßheit“ der Theologie Reinhold Seebergs hat sein Sohn Erich in der von ihm verfassten wissenschaftlichen Biographie seines Vaters durch den programmatischen Titel „Reinhold Seeberg in seiner Zeit Ausdruck zu verleihen versucht. Das druckfertige Manuskript, das zunächst 1943/4 im Kohlhammer-Verlag erscheinen sollte, aber aufgrund kriegsbedingter Papierverknappung, schließlich wegen des Todes Erich Seebergs (26.2.1945) und dessen Verstrickungen in das nationalsozialistische Regime nicht mehr publiziert wurde, hat sich im Nachlass Erich Seebergs (BA Koblenz) erhalten. In der an einschlägige Selbstdeutungen Reinhold Seebergs anknüpfenden Konstruktion der Biographie rekonstruiert Erich Seeberg die spezifische .Modernität des wissenschaftlichen Lebenswerkes seines Vaters entlang den spezifischen Bedingungen der baltischen .Heimat und des baltendeutschen Kulturmilieus. Die Konstruktionslogik der Biographie seines Vaters stellt dabei ein historiographisches Analogen zum Konzept der .modern-positiven Theologie Reinhold Seebergs dar und ist im Horizont der seit 1938 greifbaren Bemühungen des Berliner Kirchenhistorikers und seiner Schüler zu interpretieren, einen konzeptionellen Anschluss an historiographische Leitvorstellungen nationalsozialistischer Geschichtswissenschaft zu finden. Exemplarisch dafür sind seine und seines Schülers Ernst Benz Forschungen zur „deutschen Frömmigkeit in ehemals deutschen oder von deutscher Kultur geprägten Ostgebieten. Beide Teilprojekte versuchen, einen engeren methodischen Zusammenhang von historischen und systematischen Fragestellungen exemplarisch zu erproben. Die mit Hilfe der Teilprojekte zu leistende biographisch-werkgeschichtliche Rekonstruktion wesentlicher Aspekte und Lebensphasen R. Seebergs stellt die Voraussetzung zu einer später geplanten umfassenden Erforschung des verbandspolitischen Wirkens R. Seebergs und der Rezeptionsgeschichte seiner Theologie im früheren 20. Jahrhundert dar.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Person
Professor Dr. Reiner Anselm