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Meeresspiegeländerung und die Tragödie der Kognition. Eine vergleichende Studie über die Rolle von kognitiven Verzerrungen für das Verstehen von Meeresspiegelanstieg (SEATRAC).

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 423711127
 
Umweltwandel und das damit verbundene Verhalten der Menschen zu verstehen ist eine große Herausforderung für Natur- und Sozialwissenschaften gleichermaßen. Eine besondere Herausforderung ist das Verständnis von kognitiven Verzerrungen, die das Erkennen von Umweltveränderungen und notwendige Anpassungsmaßnahmen behindern. Oft müssen Menschen zunächst am eigenen Leib negative Konsequenzen erfahren, bevor sie Maßnahmen gegen drohende Gefahren ergreifen. Meeresspiegelanstieg, der häufig als sehr weit in der Zukunft liegend und wenig bedrohlich wahrgenommen wird, ist hierfür ein gutes Beispiel. Verhaltensökonomische Forschung zeigt mehrere kognitive Verzerrungen auf, die Individuen in ihrer Entscheidungsfindung systematisch beeinflussen, so dass ihre Entscheidungen schwerlich als rational oder sinnvoll bezeichnet werden können. Bisher wissen wir wenig über die kognitiven Verzerrungen, die für Anpassungsverhalten an Meeresspiegelanstieg relevant sind, noch welche Auswirkungen diese auf das Anpassungsverhalten haben und welche Politiken ggf. angezeigt wären. SEATRAC integriert eine verhaltensökonomische Herangehensweise mit agentenbasierter Modellierung, um die wesentlichen kognitiven Verzerrungen zu verstehen und zu quantifizieren, die das Erkennen und die Anpassung an Meeresspiegelanstieg verhindern. Wir richten unser Augenmerk auf sechs Verzerrungen, die besonders relevant für Umweltwandel sind: (1) Positive Illusion, (2) Kognitive Dissonanz, (3) Attributionsfehler, (4) Verzerrte Risikowahrnehmung (5) Eigengruppenverzerrung und (6) verzerrte Gegenwartspräferenzen. Mit einem vergleichenden Ansatz werden wir die kognitiven Verzerrungen auf zwei grundverschiedenen Inselgruppen analysieren: Wakatobi (Indonesien) und Nordfriesische Inseln (Deutschland). Diese Inselgruppen sind in ihrer Größe vergleichbar und leben jeweils im Wesentlichen vom Tourismus. Ihre Kultur, Politik und Sozialökologie sind jedoch grundverschieden. Mit einem explorativen Ansatz werden wir zunächst die beiden kulturellen und sozioökonomischen Gegebenheiten erfassen und vergleichen. Dies wird uns folgend ermöglichen, die relative Bedeutung der Verzerrungen mit Fragebögen und verhaltensökonomischen Experimenten quantitativ zu erfassen. Durch agentenbasierte Modellierung werden wir die erhobene Information in ein Simulationsmodell einbinden. Numerische Experimente werden es uns ermöglichen, Hypothesen zu den verschiedenen Verzerrungen zu testen und ihre Auswirkungen auf verschiedenen Szenarien des Meeresspiegelanstiegs zu analysieren. Kognitive Verzerrungen haben einen starken Einfluss auf Präferenzen in Bezug auf, Wahrnehmung von und Reaktion auf Umweltwandel. Indem unser Projekt das Ausmaß und die relative Bedeutung der Verzerrungen identifiziert und deren Konsequenzen für die Informationsverarbeitung und das Anpassungsverhalten analysiert, können im Folgenden Politiken entwickelt werden, um humanitäre Umweltkatastrophen zu reduzieren oder gar zu verhindern.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
Internationaler Bezug Indonesien
Kooperationspartnerin Dr. Eva Anggraini
 
 

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