Partnerwahl und physische Attraktivität: Anstreben von Schönheit oder Vermeiden von Hässlichkeit?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Sowohl der Beurteilung physischer Attraktivität, deren Messung, deren Relevanz für die Partnerwahl als auch den geschlechtsspezifischen Unterschieden bezüglich der Bedeutung attraktiver Merkmale hat das Interesse zahlreicher empirischer Arbeiten gegolten. Unser Ziel war es, Partnerwahlstrategien im Hinblick auf die adaptive Funktionalität von physischer Attraktivität unter neuen theoretischen Überlegungen zu beleuchten. Unsere Untersuchungen bezogen sich auf die Fragestellung, ob es unter evolutionären Gesichtspunkten eher funktional sei, maximal attraktive Parmer zur Sicherung des Fortpflanzungerfolges zu erreichen, oder ob indessen der Vermeidung maximal unattraktiver Merkmale ein funktionaler Mechanismus unterliege. Hierzu konstruierten wir drei Experimente und zwei Untersuchungen, die auf der Prototypenanalyse basieren. Alle Untersuchungen stützten unsere Haupthypothese, dass der Vermeidung von Hässlichkeit eine höhere Priorität zukommt. Aus den Untersuchungen 1a und 1b, der Prototypenanalyse, resultierte, dass das Konzept „Hässlichkeit" bei der gegengeschlechtlichen Bewertung eine deutlichere internale Struktur aufweist als das Konstrukt „Schönheit", und dass sowohl weibliche als auch mäimliche Probanden eine höhere Beurteilerübereinstimmung in Bezug auf „hässliche" Merkmale bei einer gegengeschlechtlichen Person aufweisen als in Bezug auf „schöne" Merkmale. In Untersuchung 2 stellten wir fest, dass hässliche Stimulusbilder besser wieder erkannt werden als mittel attraktive oder schöne Stimulusbilder. In Untersuchung 3, in welcher diskrepante Gesichter in Mengen von Gesiebtern mit gleichem Attraktivilätslevel herausgefiltert werden sollten, bestätigte sich unsere Annahme, dass in verschiedenen Versuchsanordnungen hässliche diskrepante Gesichter durchgängig besser entdeckt werden konnten als mittel attraktive oder schöne diskrepante Gesichter. Weiterhin erkannten Versuchspersonen bei Mengen mit hässlichen Gesichtern häufiger, dass kein Abweichler vorhanden war als bei Mengen mittelattraktiver und schöner Gesichter. In beiden Untersuchungen, 2 und 3, kormten wir jedoch keine geschlechtsgebundenen Effekte hinsichtlich gleichgeschlechtlicher oder gegengeschlechtlicher Bewertungen feststellen. In unserer Untersuchung 4, einer Selektionsaufgabe, welche auf einer „cover story" aufgebaut war, wurden unsere Annahmen zunächst nicht bestätigt. In einem fiktiven Heiratsszenario bevorzugten Probanden die Variante, die Chancen auf einen attraktiven Partner zu erhöhen gegenüber der Variante, die Gefahr eines hässlichen Partners zu verhindern. In post-hoc Befragungen ließen sich Hinweise darauf finden, dass Fehler beim Aufbau des Experimentes für die Resultate verantwortlich sein könnten. In zwei Folgeexperimenten versuchten wir, diese Fehler weitgehend zu eliminieren. Vor allem die Instruktionen sollten verständlicher werden. Die beiden neu konstruierten experimentellen Selektionsaufgaben zeigten dann, dass es für die VPN wichtiger wahr, einen hässlichen Kandidaten aus der Partnerwahl auszuschließen, als die Chancen auf einen schönen Partner zu erhöhen und stützen damit die Hypothese, dass das Vermeiden von Hässlichkeit Vorrang vor dem Aufsuchen von Schönheit hat. Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die Ergebnisse weitgehend unsere Annahmen bestätigen. In weiteren Untersuchungen sollten Experimente noch stärker auf der Ebene der präattentiven Informationsverarbeitung ansetzen, da zu erwarten ist, dass automafisch fungierende psychologische Mechanismen schon in einem sehr frühen Stadium der Informationsverarbeitung wirken. Weiterhin sollte in künftigen Untersuchungen ein Fokus auf den neuen Erkenntnisgewinn gelegt werden, dass die Effekte scheinbar nicht geschlechtgebunden im Hinblick auf gleichgeschlechtliche versus gegengeschlechtliche Beurteilung zu sein scheinen. Hier gilt es zu ermitteln, ob dieser Sachverhalt wohlmöglich kontextgebunden ist.