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Punk in der Bundesrepublik Deutschland von 1976 bis Mitte der 1990er-Jahre: Jugendlicher Protest gegen/mit Massenkultur
Antragsteller
Professor Dr. Martin H. Geyer
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 416116288
Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt Punk als Kulturphänomen und die bundesdeutschen Punks als Akteur*innen systematisch in den Blick zu nehmen, um dieser sozialen Formation in der Bundesrepublik auf die Spur zu kommen. Punk wird dabei gerne als eine subkulturelle Nische dargestellt, bei der Kontext und Historisierung in den Hintergrund geraten. Dieser Tendenz tritt das Projekt entgegen, indem es diese Formation und deren Anhänger*innen als eine Rebellion innerhalb der Massenkultur liest, die durchaus mit Elementen des Massenkonsums spielte und keine geschlossene Weltanschauung beinhaltete. Die Verzahnung von den bundesrepublikanischen Punks mit anderen Akteur*innen steht dabei im Vordergrund. Folgende vier Punkte leiten die Analyse: Erstens, Punk war eine Jugendkultur zwischen Protest, Alltag und Kommerz. Zweitens, Punk in der Bundesrepublik bewegte sich durch Medienrezeption in einem transnationalen Rahmen. Drittens, innerhalb der bundesrepublikanischen Punkbewegung gab es transnationale, nationale und lokale Praxis- und Aneignungsformen (Doing Punk). Viertens, Punk bewegte sich zwischen Individualisierung und moderner Massenkultur. Die Jugendkultur in der Bundesrepublik speiste sich fortlaufend aus transnationalen Medientransfers. Es wurden immer wieder Anregungen aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA aufgenommen. Die Punks waren einerseits gegen das alternative Milieu und deren Authentizitätsbehauptung. Auf der anderen Seite lehnten sie die Mehrheitsgesellschaft und massenkulturelle Phänomene ebenso ab. Gleichzeitig bedienten sie sich aber auch massenkulturell-geprägter Strategien. Sie waren somit sowohl konsumkritisch als auch auf einen bestimmten Konsum fixiert. Hierbei gilt es, die Akteure mit ihren Selbst-Deutungen als Subjekte ernst zu nehmen. Ziel der Rebellion war es, Selbst-Verhältnisse der Individualisierung in der Massenkultur auszuloten. Doing Punk, d.h. performativ ausagierte Praktiken der Selbst-Bildung, spielte eine zentrale Rolle. Dadurch wurde die Rebellion sichtbar.Bei der Herausarbeitung dieser Ergebnisse ergaben sich forschungspraktische Verschiebungen sowie Verzögerungen durch pandemieunabhängige Wartezeiten und pandemiebedingte Ausfälle. Durch eine dynamische Forschungslage war es möglich, bisher noch kaum genutzte Archivbestände in den USA aufzuspüren und zu sichten, die eine durchgehende transnationale Einbettung der deutschen Punks erlauben. Außerdem konnten Stasi-Akten eingesehen werden, die nahelegen, dass die Punks in der DDR als Teil dieses transnationalen Austausches mitberücksichtigt werden müssen. Diese veränderte Quellenlage muss systematisch in die bereits vorhandenen Ergebnisse eingearbeitet werden. Zudem waren lange Wartezeiten bei der Sperrfristaufhebung und die enorme Unsicherheit durch die Corona-Pandemie weitere behindernde Faktoren, weshalb das Projekt verlängert werden muss.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen