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Phänomenologie der Unaufmerksamkeit. Vom Eigensinn des Leibes

Antragstellerin Dr. Josephine Geisler
Fachliche Zuordnung Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 414219187
 
Unter Unaufmerksamkeit, so wird an pädagogischen Praktiken nachgewiesen, versteht man aktuell und in der Vergangenheit vor allem die Störung von Aufmerksamkeit. Gemäß diesem Verständnis handelt es sich um ein pathologisches Phänomen (ADHS), das zugunsten der Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit zu vermeiden ist. Mit dem Ziel, Unaufmerksamkeit für die pädagogische Debatte zu erschließen, unternimmt es das Forschungsvorhaben, auf der Grundlage der Erfahrung die für das Subjekt charakteristischen leiblichen Konsequenzen von Unaufmerksamkeit phänomenologisch zu untersuchen. Auf diese Weise soll auf einen Eigensinn von Unaufmerksamkeit jenseits von Störungs- und Defizitzuschreibungen hingewiesen und die in dieser Lesart liegenden bildungsrelevanten Möglichkeiten in den Blick genommen werden. Mit Rückgriff auf die leibphänomenologische Perspektive kann gezeigt werden, dass Unaufmerksamkeit einen Ausgangspunkt für Lern- und Bildungsprozesse darstellt: Ein defokussiertes, gelassenes Bei-sich-sein des Subjektes ist dessen Grundstimmung und leibfundierter, unverfügbarer Ursprung jeder aufmerksamen Hinwendung zu einem Gegenstand. Vor dieser Perspektive erscheint Aufmerksamkeit paradoxerweise als "Störungsfall", als Irritation, in welcher das Subjekt angesichts von Bedeutungsänderungen einen anderen Blick auf die Dinge wirft und zu anderen Selbst- und Sachverhältnissen gelangt. Anhand ästhetischer Konzeptionen bzw. stilistischer Nachweise kann gezeigt werden, dass das Bildungspo-tenzial von Unaufmerksamkeit in alternativen Lesarten (mit zum Teil äquivalenten Semantiken) schon lange bekannt ist, allerdings hinter geltenden Störungszuschreibungen verborgen und unerschlossen bleibt. Zugleich lässt die leibfundierte Ausdeutung von Unaufmerksamkeit eine kritische Einschätzung von kognitionspsychologischen Konzeptionen von Aufmerksamkeit zu; sie gibt Aufschluss über pädagogisch zu realisierende Wunschvorstellungen bezüglich eines selbst gesteuert dauerselektierenden Leistungssubjektes.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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