Detailseite
Projekt Druckansicht

Handlungsräume frühneuzeitlicher Kaiserinnen. Eleonora Gonzaga (1598-1655) und Eleonora Gonzaga-Nevers (1628-1686)

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 414177095
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt konnte anhand einer doppelten Fallstudie die systemimmanente Rolle aufzeigen, die frühneuzeitliche Römische Kaiserinnen in den interdynastischen und höfisch-diplomatischen Beziehungen zwischen ihrem Herkunfts- und ihrem Aufnahmehof einnahmen. Durch die Analyse ihres konkreten Handelns in besonders ereignisreichen Phasen dieser Beziehungen wurde herausgearbeitet, eine wie wichtige Mittlerinnenposition die Kaiserinnen zwischen beiden Dynastien einnahmen. Sie setzten sich nach Möglichkeit für die Interessen beider Dynastien ein und waren bestrebt, eine für einen erfolgreichen Ausgleich nötige Schnittmenge von Interessen zu finden. Ein erfolgreiches Engagement für die Interessen ihrer Herkunftsdynastie war den Kaiserinnen freilich nur dann möglich, wenn die Vertreter und Vertreterinnen ihrer Herkunftsdynastie – namentlich die regierenden Herzöge bzw. Regentinnen – mitspielten. Dies wurde v.a. anhand des Engagements Eleonoras d.Ä. für eine Abwendung bzw. Beilegung des mantuanischen Erbfolgekonflikts (1627-1631) deutlich, aber auch bei der Intervention Eleonoras d.J. in innerdynastische Skandale der Gonzaga (1669-1672). Für ein erfolgreiches Wirken der Kaiserinnen war eine gelungene Integration in das politische Gefüge am Kaiserhof, besonders aber ein vertrauensvolles Verhältnis zum regierenden Kaiser eine entscheidende Voraussetzung. War beides, wie im Fall der hier untersuchten Fürstinnen, gegeben, so konnten diese sowohl ihre persönlichen Netzwerke als auch – zumindest partiell – die institutionalisierten Strukturen der kaiserlichen Diplomatie (Botschafter, Gesandte) nutzen, um informell auf Verhandlungspartner einzuwirken. ‚Offizielle‘ Verhandlungen konnten so sondiert, vorbereitet und flankiert werden. Die Kaiserinnen waren in ihrer Rolle als ‚informelle Mediatorinnen‘ strukturell in das höfisch-diplomatische Geflecht eingebunden und wurden von allen Beteiligten akzeptiert und mitgedacht. Das im Zuge der neueren Diplomatiegeschichte sich abzeichnende Bild eines Ineinandergreifens und Zusammenwirkens ‚offizieller‘ und informeller Diplomatie konnte somit auch für das Beispiel zweier Römischer Kaiserinnen, die nicht aus eigenen oder stellvertretenden Herrschaftsrechten handeln konnten, verifiziert werden. Inhaltlich hat das Forschungsprojekt die sich in den Vorrecherchen abzeichnende Vermutung einer integralen Funktion informeller Vermittlung mittels interdynastischer personaler Schnittstellen in Gestalt der beiden Kaiserinnen bestätigt. Dabei übertraf der Grad der systemischen Integration und die Effektivität der konkreten Handlungen die vorherigen Erwartungen sogar deutlich. Besonders auch in Hinsicht darauf, in welchem Maße die Kaiserinnen fallweise über die Rolle bloßer Mediatorinnen hinausgingen, eigene politische Konzepte verfolgten und zumindest teilweise über die Distanz hinweg in Mantua durchsetzen.

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung