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Sozialer Einfluss und perzeptuelle Entscheidungen

Antragsteller Dr. Markus Germar
Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 411073522
 
Bereits die klassischen Studien von Sherif (1935) und Asch (1956) zeigten, dass sozialer Einfluss Entscheidungen bei einfachen Wahrnehmungsaufgaben – sogenannte perzeptuelle Entscheidungen – verändern kann. Bis heute ist jedoch unklar, über welche kognitiven Mechanismen dies erklärt werden kann. Dahinter verbirgt sich die fundamentale Frage, ob sozialer Einfluss basale Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsprozesse verändern kann. Bisherige Befunde weisen zwar darauf hin, dass sozialer Einfluss die Verarbeitung von Reizinformationen verändern kann. Sie zeigen aber nicht, welche Mechanismen dafür verantwortlich sind. Darüber hinaus gibt es bisher keine theoretische Perspektive auf diese Frage. Das Ziel unseres Forschungsvorhabens ist es, diese wichtige theoretische und em-pirische Lücke zu schließen. Dazu haben wir auf Basis des Social-Reinforcement-Learning-Ansatzes (Klucharev, Hytönen, Rijpkema, Smidts & Fernández, 2009) unterschiedliche Forschungstraditionen aus der Sozial- und Kognitionspsychologie zu einem neuen Modell intergiert. Aus diesem Modell lassen sich anhand weniger, aber gut etablierter Kernannahmen (die Anwendung der Prinzipien des sozialen Verstärkungslernens auf kognitive Prozesse) eine Reihe von Implikationen ablei-ten, die deutlich über bisherige Befunde bzw. Erklärungsansätze hinausgehen. Diese Implikationen sollen in dem beantragten Forschungsvorhaben empirisch getestet werden. Im Kern postuliert unser Modell, dass die wiederholte Konfrontation mit einem sozialen Konsens (z.B. eine Mehrheitsmeinung) über soziales Verstärkungslernen die visuelle Aufmerksamkeitsallokation so verändert, dass es zu einer priorisierten Verarbeitung konsens-kongruenter Reizinformationen kommt, was wiederum die Wahrscheinlichkeit konsens-kongruenter Entscheidungen erhöht. Da es sich um erlernte Veränderungen handelt, sind diese nachhaltig, d.h. sie sind auch bei perzeptuellen Entscheidungen zu finden, die (wieder) allein getroffen werden.Wir planen fünf Experimente, um die Hypothesen unseres Modells zu testen. Wir beabsichtigen dabei, ein Entscheidungsparadigma zu verwenden, das erlaubt, die methodischen Grenzen der bisherigen Forschung zu überwinden. In den ersten drei Experimenten testen wir die vermittelnden Mechanismen, die unser Modell pos-tuliert. Dazu setzten wir drei komplementäre Methoden ein: (i) Diffusionsmodellana-lysen zur Differenzierung wichtiger Entscheidungsparameter, (ii) visuelle Suchaufgaben zur behavioralen Messung der Aufmerksamkeitsallokation und (iii) ereignis-korrelierte Potentiale zur Analyse der zeitlichen Dynamik der beteiligten Aufmerk-samkeitsprozesse. Experimente 4 und 5 sollen schließlich prüfen, wie robust die postulierten Effekte gegenüber objektivem Feedback sowie gegenüber der Zeit sind, und ob die Konfrontation mit dem Konsens einer unbeliebten Gruppe die postulierten Effekte umkehrt und somit zu Anti-Konformität führt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich Professor Dr. Andreas Mojzisch
 
 

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