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Veränderte Thyroidhormonphysiologie in Nagetieren – eine konvergente Adaptation an strenge Umweltbedingungen

Antragsteller Dr. Yoshiyuki Henning
Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 409806707
 
Die Thyroidhormone (TH) Triiodthyronin (T3) und dessen Vorläuferhormon Thyroxin (T4) sind vielseitige Regulatoren verschiedener Körperfunktionen, z. B. des Stoffwechsels. Es wurde lange angenommen, dass das TH-System im Wesentlichen konserviert ist. Eigene Vorarbeiten zeigten allerdings, dass Graumulle der Gattung Fukomys, unterirdisch lebende, afrikanische Nagetiere, konstant niedrige Serum T4-Werte haben, während T3 in nagetiertypischen Konzentrationen zirkuliert. Die Kombination aus T4-Werten, die denen von Reptilien ähneln, und normalen T3-Werten wird normalerweise als krankhaft angesehen, aber Graumulle weisen keinerlei Beeinträchtigungen auf. Stattdessen haben wir Grund zur Annahme, dass dieses ungewöhnliche TH-Verhältnis eine Anpassung an den subterranen Lebensraum darstellt, die dafür sorgt, dass der Grundumsatz konstant herunterreguliert wird (fakultative TH-Resistenz). Dies ist notwendig, um eine Überhitzung zu vermeiden und mit der geringen Nahrungsverfügbarkeit zurechtzukommen. Interessanterweise wurden ähnliche T4-Werte bei weiteren Nagetierspezies gefunden, die phylogenetisch betrachtet zwar nicht verwandt sind, aber ebenfalls selbstgegrabene, unterirdische Tunnelsysteme bewohnen. Eine konstante Modifikation des TH-Stoffwechsels könnte daher eine bisher unbekannte konvergente Anpassung darstellen. Basierend auf diesen Erkenntnissen zielt das beantragte Projekt darauf ab, die proximaten und ultimaten Mechanismen eines solchen TH-Status in einem vergleichenden Ansatz bei sechs, aus phylogenetischer Sicht nicht verwandten, Nagetierspezies zu untersuchen, indem endokrinologische, genetische und physiologische Methoden einbezogen werden. Wir hypothetisieren, dass niedrige Serum T4-Werte notwendig sind, um den Grundumsatz konstant niedrig zu halten. Diese Hypothese wird gestützt durch eine eigene Studie, in der wir zeigen konnten, dass eine TH-Supplementierung bei Graumullen keinen Einfluss auf den Grundumsatz hat. Um dieses Konzept systematisch zu untersuchen, werden vergleichende, deskriptive und funktionale Ansätze kombiniert. Konkret ist geplant, (1) Genexpressionslevel regulatorischer Komponenten des TH-Systems und der Stoffwechselregulation in vier unterirdisch und zwei oberirdisch lebenden Nagetierspezies zu charakterisieren, und (2) die Auswirkungen einer T4-Supplementierung auf die Stoffwechsel- und Thermoregulation in zwei unterirdisch und einer oberirdisch lebenden Nagetierspezies mit molekularbiologischen und physiologischen Methoden zu untersuchen, um sowohl gewebespezifische als auch systemische Effekte zu identifizieren. Die Ergebnisse des beantragten Projekts werden unser Wissen über die dynamischen Mechanismen des Energiestoffwechsels und die Rolle der TH darin erweitern. Ein solcher komparativer Ansatz mit Tieren, die ein von Natur aus modifiziertes TH-System haben, haben zudem das Potenzial molekulare Mechanismen aufzudecken, die helfen werden noch unbekannte Aspekte menschlicher Stoffwechselerkrankungen zu verstehen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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