Auswirkungen des Konsums von Mediengewalt im Jugendalter: Eine Längsschnittstudie mit experimenteller Intervention
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zentrum des Projekts stand die Analyse der langfristigen Wirkung des Konsums von Mediengewalt auf die Entwicklung aggressiven Verhaltens im Jugendalter. Die Kernhypothese lautete, dass der habituelle Konsum von gewalthaltigen Medien zu einer stärkeren normativen Akzeptanz aggressiven Verhaltens und einer Abnahme der Empathiefähigkeit führt, und es über diese vermittelnden Prozesse zu einem Anstieg der Aggressionsbereitschaft über die Zeit kommt. Zur Prüfung dieser Hypothese wurde eine Längsschnittstudie mit einer großen Ausgangsstichprobe von knapp 2,000 SchülerInnen der 7. und 8. Klassen durchgeführt, die fünf Erhebungswellen im Abstand von 12 Monaten umfasste. Gezielt wurde eine Teilstichprobe von SchülerInnen mit Migrationshintergrund rekrutiert, weil über den Mediengewaltkonsum in Relation zur Aggressionsbereitschaft keine systematischen Befunde vorlagen. Eingebettet in die Längsschnittstudie war zudem eine neu entwickelte Intervention zur Reduktion des Mediengewaltkonsums, die sich über fünf Wochen erstreckte und im Rahmen einer experimentellen Evaluation auf ihre Wirksamkeit überprüft wurde. Zur Erfassung des Mediengewaltkonsums wurden Häufigkeitsangaben der TeilnehmerInnen mit Experteneinschätzungen des Gewaltgehalts verschiedener Film-, TV- und Videospiel-Genres kombiniert, das aggressive Verhalten wurde über Lehrerurteile und Selbstauskünfte erfasst. Die Ergebnisse zeigten signifikante positive Zusammenhänge zwischen Mediengewaltkonsum und Aggression sowie der normativen Akzeptanz aggressiven Verhaltens im Längsschnitt auf: je intensiver der Konsum von Mediengewalt, desto höher war die Aggressionsneigung und desto eher wurde Aggression als Form der Konfliktlösung akzeptiert. Diejenigen TeilnehmerInnen, die im Verlauf der Studie ihren Mediengewaltkonsum verringerten, zeigten auch einen Rückgang des aggressiven Verhaltens. Die Beziehung zwischen Mediengewaltkonsum und Aggression unterschied sich nicht signifikant zwischen den TeilnehmerInnen mit und ohne Migrationshintergrund. Die TeilnehmerInnen in der Interventionsgruppe zeigten gegenüber der Kontrollgruppe einen signifikanten Rückgang des Mediengewaltkonsums, der noch 30 Monate nach der Intervention feststellbar war. Die durch die Intervention erreichte Reduktion des Medienkonsums wirkte sich im Längsschnitt auch auf die Reduktion aggressiven Verhaltens aus. Da die Zuweisung zu der Interventions- und Kontrollgruppe zufällig erfolgte, erlaubt der beobachtete Rückgang der Aggression in Abhängigkeit vom reduzierten Mediengewaltkonsum die Schlussfolgerung, dass der Mediengewaltkonsum einen kausalen Einfluss auf die Entwicklung aggressiven Verhaltens im Jugendalter ausübt. Die Bedeutung normativer Bewertungen als Grundlage aggressiven Verhaltens wurde in weiterführenden Analysen untersucht. Dabei konnten die sich wechselseitig verstärkenden Einflüsse von normativen Überzeugungen und aggressivem Verhalten gezeigt werden: je ausgeprägter die normative Akzeptanz von Aggression, desto mehr aggressives Verhalten wurde gezeigt, das wiederum im nächsten Zeitraum die normative Akzeptanz von Aggression verstärkte. Zudem wurde gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen aggressiven Normen und aggressiven Verhaltensweisen insbesondere in solchen Klassenverbänden ausgeprägt war, in denen kollektiv eine erhöhte Toleranz gegenüber aggressivem Verhalten gegeben war. Insgesamt hat das Projekt einen umfassenden und innovativen Beitrag zur Entwicklung aggressiven Verhaltens im Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung des Mediengewaltkonsums vorgelegt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Krahé, B., & Möller, I.
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